Steuerpolitik:Eine Sondersteuer für Mineralölkonzerne wäre Willkür

Warum "Übergewinnsteuern" für Krisenprofiteure eine schlechte Idee sind, Vertrauen zerstören und vermutlich auch nicht verfassungsgemäß wären.

Kommentar von Nikolaus Piper

Kriegs- und Krisengewinnern muss man ihre Extraprofite wegnehmen - wer wollte dem widersprechen? Zum Beispiel die Mineralölkonzerne. Zweifellos haben sie indirekt von Putins Krieg in der Ukraine profitiert. Öl und Benzin sind so teuer wie schon lange nicht mehr, das lässt sich an jeder Zapfsäule ablesen. Deshalb fordert der rot-grün-rote Senat Bremens in einem Antrag für den Bundesrat eine "Übergewinnsteuer". Die SPD ist dafür, Grüne und Linke ebenso, einzig die FDP sträubt sich.

Doch ehe sich alle in das Thema verbeißen, täte es Sozialdemokraten und Grünen gut, erst einmal innezuhalten. Ist es wirklich gerecht, Unternehmen Gewinne wegzunehmen, bloß weil Politiker sie für überhöht halten? Misstrauisch sollte schon die Tatsache machen, dass es ausgerechnet die Mineralölkonzerne trifft, schließlich sind auch andere Güter dramatisch teuer geworden, nicht nur Öl und Benzin. Und auch andere Unternehmen verdienen derzeit prächtig.

Aber die Ölmultis sind eben ein dankbares Opfer. Niemand mag sie, und jeder ärgert sich beim Tanken. Kein Wunder, dass einige die Steuer schon damit begründen, dass der Tankrabatt nicht oder nur unzureichend an die Autofahrer weitergegeben wird. In Wirklichkeit zeigt sich hier nicht die Gier der Konzerne, sondern die Torheit des Tankrabatts, die darin liegt, ein ohnehin sehr knappes Gut künstlich zu verbilligen.

Erfahrungen aus Kriegszeiten

Es ist ja auch nicht so, dass es keine Erfahrungen gäbe mit der Besteuerung von Übergewinnen. Die meisten dieser Erfahrungen stammen aber aus Kriegszeiten. Sowohl Großbritannien als auch die Vereinigten Staaten führten während der beiden Weltkriege Excess Profit Taxes ein, zum Teil mit konfiskatorischen Steuersätzen. Dabei zeigte es sich, wie schwierig es in der Praxis ist, Übergewinne zu definieren. Entweder, so das eine Modell, der Staat legte eine durchschnittliche "normale" Kapitalrendite fest und besteuerte dann Gewinne, die diese Rendite überstiegen. Ober aber er verglich den aktuellen Gewinn eines Unternehmens mit dem in Friedenszeiten.

Beide Methoden sind ungerecht. Eine staatliche Normrendite ist immer willkürlich, ebenso die Definition eines früheren Gewinns als "normal". In der Praxis wurde daher ein Mischsystem eingeführt. Und jetzt sollte der deutsche Staat für eine einzelne Branche eine Lösung finden, die auch vor dem Verfassungsgericht Bestand hat?

Experimente in mehreren Ländern

Tatsächlich experimentieren derzeit einige Länder mit Abgaben, die einer Übergewinnsteuer ähneln. Nur taugen die Beispiele nicht für Deutschland. Die Regierung in London etwa will eine Abgabe auf Extraprofite der Öl- und Gasindustrie einführen. Aber die erklärt sich nur dadurch, dass Großbritannien über eine eigene Ölindustrie verfügt, die ihre Steuerlast wiederum durch großzügige Abschreibungen mindern kann. Die italienische Regierung hat im März eine einmalige Solidaritätsabgabe beschlossen, den die gesamte Energiewirtschaft zu zahlen hat. Faktisch bemisst sich die Steuer allerdings nicht am Gewinn, sondern am Umsatz, was ziemlich unlogisch ist, aber auch sehr einfach.

Man sollte sich gelegentlich daran erinnern, dass Deutschland vom Krieg in der Ukraine betroffen, aber eben nicht Kriegsteilnehmer ist. In Friedenszeiten eine Branche einfach mal mit einer Sondersteuer zu belegen, ist willkürlich, zerstört Vertrauen und kostet vermutlich auch Investitionen. Und dass so eine Steuer verfassungsgemäß wäre, ist schwer vorstellbar.

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