Baupolitik:Öko oder billig

Es wäre ein Fehler, wenn die Ampel-Koalition beim Sozialwohnungsbau auch noch höhere Klimastandards setzt.

Kommentar von Gerhard Matzig

"Wir brauchen viel mehr bezahlbaren und klimaneutralen Wohnungsbau." Der Satz stammt von Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Die Ampel-Koalition hat den Bau von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr versprochen. Ein Versprechen, das im Kontext der immobilienwirtschaftlichen Heilserwartung vom "Bauen, bauen, bauen" ohnehin wahnhafte Züge annimmt.

Jetzt aber soll das, wovon es seit Jahren viel zu wenig gibt, der bezahlbare Wohnraum in den Städten, auch noch Klimapolitik machen. Am Freitag verlangte die IG Bau, den öffentlich geförderten Wohnungsbau mit "höheren Klimastandards" zu realisieren als "gesetzlich verlangt". Hier zeigt sich das Dilemma. Das politische "und" aus Geywitz' Satz ist in der Realität ein "oder". Man kann das Bauen zwar billiger machen - aber Wohnbauten können dann nicht gleichzeitig die Forderungen nach immer mehr Energieeffizienz erfüllen.

Schon jetzt ist Bauen so teuer wie nie. Die Ursachen: Mangel an Baugrund in den Städten, die endlichen Baumaterialien (zum Beispiel Sand), fehlendes Fachpersonal, zu viel Bürokratie. Das Sammelsurium all der Landesbaugesetze ist auch so schon ein Problem. Noch ehrgeizigere Klimastandards würden im Wildwuchs an Standards nur weitere Blüten treiben. Aus ihnen kann kein Wohnungsbau hervorgehen, der am Ende billiger statt teurer sein müsste, um die Mieten in Schach zu halten. Statt in einem weiteren Förderprogramm für die Dämmwirtschaft und ihre Erzeugnisse, die bald Sondermüll sein werden, wären die Mittel beim Ausbau der erneuerbaren Energien besser aufgehoben.

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