Australien:In Australien finden sich Antworten auf zwei globale Krisen

Australien: Australiens Premier Scott Morrison will den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Buschfeuern immer noch nicht ganz wahrhaben.

Australiens Premier Scott Morrison will den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Buschfeuern immer noch nicht ganz wahrhaben.

(Foto: James Ross/Imago Images/AAP)

Groß, heiß, dünn besiedelt und weit, weit weg - also ist's egal, wer die Parlamentswahl gewinnt? Weit gefehlt, denn von dem Land kann die Welt viel lernen im Umgang mit dem Klimawandel und China.

Kommentar von Thomas Hahn

Es geht um die Rettung der Welt bei der Wahl zum australischen Parlament an diesem Samstag. Den meisten Australierinnen und Australiern ist das wahrscheinlich gar nicht klar. Und wahr ist natürlich, dass sich Klimawandel und chinesische Ausbreitungstendenzen mit dem richtigen Sieger nicht sofort in Luft auflösen werden.

Aber der Beitrag Australiens zu Lösungen für diese beiden Probleme könnte so bedeutend sein, dass die Weltgemeinschaft zumindest ein bisschen optimistischer in die Zukunft blicken könnte, wenn eine Mannschaft mit umsichtigen Plänen die Regierung in Canberra übernimmt. Ob sich die konservative Regierungskoalition von Premierminister Scott Morrison durchsetzt oder die sozialdemokratische Labor-Partei von Anthony Albanese, geht jedenfalls nicht nur australische Menschen etwas an.

In Amerika und Europa hat man sich lange nicht besonders für Australiens Politik interessiert. Der Kontinent und Commonwealth-Staat galt als unkomplizierter Mitläufer. Verzeichnete stetiges Wirtschaftswachstum. Half den USA in ihren Kriegen. Und war ansonsten vor allem weit weg, riesengroß, dünn besiedelt, eher ein Abenteuerparadies für Fernreisende als ein Vorreiter im Kampf gegen globale Krisen. Das hat sich geändert. Denn Risiko und Chance liegen in Down Under nah beieinander.

Hier geht's nicht um regionale Probleme, das sind Mahnungen an die Welt

Australien spürt die Folgen von Umweltverschmutzung und chinesischem Machtanspruch unmittelbarer als alle anderen Wohlstandsnationen. Das Land ist unter diesen das sonnigste und trockenste. Die Erderwärmung steigert die Extreme in gefährliche Dimensionen und bringt Australiens sensible Natur mit Wüsten, Regenwäldern, Eukalyptusbergen, Grasland, Korallenriffen aus dem Gleichgewicht. Zugleich plagt Australien sein zwiespältiges China-Verhältnis als abhängiger Wirtschaftspartner und Wahrer der westlichen Sicherheitsinteressen im Südpazifik.

Für viele Experten ist Australien wie der Kanarienvogel in der Kohlemine. Wenn der in seinem Käfig von der Stange fiel, wussten die Bergleute, dass Grubengas austrat und sie rausmussten aus der Mine. Australien hat in den vergangenen Jahren viel durchgemacht: jahrelange Trockenheit, der die verheerenden Buschbrände des sogenannten schwarzen Sommers 2019/20 folgten. Wenig später zerstörerische Fluten. Und das Verhältnis zu China wurde immer schlechter. Das waren nicht einfach nur irgendwelche regionalen Probleme. Sondern Mahnungen für den Rest der Welt.

Die konservative Regierung ist eine bittere Enttäuschung

Aber Australien kann auch etwas tun: Mit seiner unbewohnten Weite eignet sich das Land besonders gut für die Gewinnung erneuerbarer Energien aus Sonne und Wind. Reiche Unternehmer investieren Kraft und Geld in die massenhafte Produktion von grünem Wasserstoff als Treibstoff der mobilen Gesellschaft von morgen. Erste Lieferprojekte sind schon vereinbart. Der deutsche Energienetz-Betreiber Eon will zum Beispiel bis 2030 fünf Millionen Tonnen grünen Wasserstoff von der Firma FFI aus Perth beziehen. Und was die China-Gefahr angeht, so hat Australien als größter Entwicklungshelfer und Sicherheitsgarant der Inselstaaten im Pazifik durchaus Möglichkeiten, Chinas Einfluss dort nicht zu groß werden zu lassen.

Die Politik muss die Chancen aber auch nutzen. Und in dieser Hinsicht ist Australiens konservative Regierung eine bittere Enttäuschung. Den Chinesen setzt sie zwar einiges entgegen. Australien war 2018 zum Beispiel das erste Land, das seinen Internet-Markt für die 5-G-Technologie chinesischer Telekommunikationsfirmen sperrte. Und das neue Sicherheitsbündnis Aukus mit den USA und Großbritannien ergibt wegen der angespannten Lage ebenfalls Sinn.

Premier Morrison ist ein rechter Gegenwartsverwalter

Aber in der Praxis agierten Premier Scott Morrison und seine Leute zu oft sprunghaft, undiplomatisch, arrogant. Chinas Regierung dagegen nutzt die Lücken im Verbund der kleinen Australien-Partner. Seit April hat sie ein Sicherheitsabkommen mit den Salomonen, das ihr strategisch wertvolle Stützpunkte im Zentrum Melanesiens bringen könnte.

Und Morrisons Klimapolitik ist derart unterbelichtet, dass man an seiner Wahrnehmung zweifelt. Hat er die Buschfeuer vergessen? Hat er die Überflutungen nicht gesehen? Hört er nicht, was die Wissenschaft sagt? Mit weltfremder Beharrlichkeit klammert er sich an Australiens Status als größter Kohle-Exporteur der Welt und verweigert seinem Land den sanften Übergang in eine sauberere Zukunft.

Morrison gehört zu jenen rechten Gegenwartsverwaltern, die Politik auf plattes Wirtschaftsdenken reduzieren und dabei den Aufbruch in die Zukunft verpassen. Diese Haltung passt nicht zu den Herausforderungen der Zeit. Für jemanden, der angeblich so viel von Geld versteht wie Morrison, ist sie sogar ausgesprochen peinlich. Denn es ist ja nicht so, dass es bei der Energiewende nichts zu verdienen gäbe. Die Rettung der Welt mit grünem Wasserstoff zum Beispiel verspricht ein Jahrhundertgeschäft zu werden.

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