Atomkraft:Was soll daran grün sein?

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Das Kernkraftwerk Cattenom in Frankreich. Wenn es nach dem Willen von Paris geht, kann mit Strom aus den Meilern künftig grüner Wasserstoff erzeugt werden. (Foto: imago stock&people/imago stock&people)

Brüssel will die Atomkraft als klima- und umweltfreundlich adeln. Doch ein solches Ökosiegel ist irreführend. Zentrale Fragen sind weiter ungeklärt. Und dann ist da noch die Sache mit dem Geld.

Kommentar von Roland Preuß

Was da zum Jahreswechsel aus Brüssel anrauscht, wirkt wie ein Querschläger Richtung Berlin. Während in Deutschland gerade drei weitere Atomkraftwerke endgültig vom Netz gehen mussten, will die EU-Kommission nun diese Energiequelle als klima- und umweltfreundlich adeln. Investitionen in sie würden damit als grün gelten, Umweltfonds könnten Geld bei Atomkonzernen anlegen. In einem Land, in dem man von den Grünen bis zur CSU zum Atomausstieg steht, werten dies viele als Angriff auf die Energiewende. Und tatsächlich ist ein solches Ökosiegel für Atomkraft irreführend.

Doch ihre Befürworter in der EU sind zahlreich, mit Frankreich an der Spitze haben sie sich in Brüssel vorerst durchgesetzt. Eine breite Mehrheit, welche die Brüsseler Pläne noch verhindern könnte, ist nicht in Sicht. Die Atom-Anhänger können sich darauf berufen, dass diese Energie - so wie erneuerbare Quellen - weitgehend CO₂-neutral ist, jedenfalls, wenn man von den Emissionen der Uranbergwerke absieht. Und die Atomspaltung liefert verlässlich Energie, auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.

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Das aber heißt noch lange nicht, dass Atomenergie nachhaltig ist. Zentrale Fragen sind weiterhin ungeklärt, die Nachteile gravierend. Die Katastrophe von Fukushima hatte im März 2011 erneut deutlich gemacht, dass selbst Spitzentechnologie nicht alle Atom-Risiken beherrschen kann. Im Falle einer solchen Katastrophe könnten ganze Regionen unbewohnbar werden, für den Schaden müsste vermutlich die Allgemeinheit aufkommen, also Generationen von Steuerzahlern. Es gibt niemanden, der sonst solche Schäden begleichen könnte.

Immer noch gibt es nirgendwo ein Endlager

Dies birgt auch heftige Auseinandersetzungen in Europa. Das fängt an beim Streit über Meiler, die nahe an der Grenze gebaut werden, wie etwa der im belgischen Tihange, und spitzt sich zu in der Frage, wer für die Milliardenkosten aufkommt, wenn eine Atomkatastrophe im Nachbarland Städte und Landstriche unbewohnbar macht.

Zudem ist beim Atommüll jetzt schon klar, dass sich Tausende künftiger Generationen mit dieser Erblast beschäftigen müssen. Die Kosten sind schwer abzusehen, der Streit um mögliche Standorte längst im Gange. Es ist bezeichnend, dass es Jahrzehnte nach dem Start der ersten Meiler in der EU noch immer kein Endlager gibt.

Selbst wer diese Energieform nur als Technologie des Übergangs sieht, wie es die EU-Kommission nun nahelegt, würde an einer Brücke ins Nirgendwo bauen. Bis neue Atomkraftwerke fertig sind, so die Erfahrung aus den jüngsten Vorhaben, gehen meist viele Jahre ins Land - Zeit, die man in der Klimakrise nicht hat. Verbunden damit sind Kostensteigerungen wie im britischen Hinkley Point, das als "das teuerste Kraftwerk, seit es Elektronen gibt" verspottet wurde.

Dies wird Atomkraft für Investoren eher unattraktiv machen, trotz aller grüner Label aus Brüssel. Die Kosten für Strom aus neuen Solaranlagen sinken seit Jahren. Damit wird es im Vergleich zur Atomkraft immer profitabler, auf Sonnenenergie zu setzen. Manch hochfliegende Pläne für neue Meiler in Europa dürften sich schon deshalb erledigen.

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