Aktuelles Lexikon: Was ist ein Arschgeweih?

Das „Arschgeweih“: eine in die Haut gestochene Kriegserklärung an Eltern, Sittenwächter und den guten Geschmack. (Foto: Heiko Wolfraum)

Eine Tätowierung, einst Ausdruck großer Coolness, doch bald schon wieder sehr out. Und heute angeblich unverdrossen in der Politik zu finden.

Man muss weit zurückdenken, um in einer Zeit anzukommen, in der das Arschgeweih als Steiß-Wimpel der Coolness galt. In die späten Neunziger also. Die Jeans wurden damals nicht überm Bauchnabel zugeknöpft, sondern schaukelten noch auf den Hüften der Frauen. Wenn diese sich vorbeugten und das Top dabei ein wenig hochrutschte, wurde am unteren Rücken ein Streifen nackter Haut sichtbar, welcher – der Körperkult feierte, von keinerlei Wokeness behindert, gerade den Durchbruch – unbedingt Gestaltungsspielraum war. In Tattoo-Studios ließ man sich den Steiß mit einem rautenartigen Muster verzieren, das über dem Hosenbund wie die Stangen eines Zwölfenders herausragte. Ergo Arschgeweih. Angelina Jolie hatte eins, Pamela Anderson auch, Verona Pooth (damals noch Feldbusch und Bohlen-Gespielin) sowieso. Aber nicht lange. Da sich das Arschgeweih in den Fußgängerzonen wie ein Kirmes-Platzhirsch breitmachte, galt es in den Nullerjahren schon wieder als „asi“. Wenn der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nun vorwirft, seine Überlegungen zur Streichung des Bürgergelds für Ukrainer entsprächen dem „Arschgeweih der deutschen Politik“, so will er damit sagen: plakativ, niveaulos, provinziell – weg damit!