Aktuelles Lexikon:Arbeitgeber

Aus Anlass einer Verbandstagung an diesem Dienstag: Die Ursprünge eines etwas schmeichelhaften und eigentlich irreführenden Ausdrucks für Firmenchefs.

Von Ronen Steinke

Geben ist seliger als nehmen. Daher ist es ein wohlklingendes Wort, mit dem sich Firmenchefs bezeichnen – und das auch einer Verbandstagung an diesem Dienstag den Namen gibt: Arbeitgeber. Der Begriff hat seine Ursprünge im 19. Jahrhundert, später ist er auch in die Gesetze übernommen worden. Chefs sind da die „Geber“ von Arbeit – aber: Sind es nicht umgekehrt eher die Beschäftigten, die eine Arbeitsleistung an die Chefs „geben“? Zeichnen sich Chefs nicht eher dadurch aus, dass sie bloß Anweisungen „geben“, was gearbeitet werden soll – und Lohn, natürlich? 1849 lästerte der Leipziger Rechtsprofessor Julius Weiske über „den beliebt gewordenen Titel Arbeitgeber, den sich namentlich die Fabrikherren beilegen“. 1883 schrieb Friedrich Engels im Vorwort zur dritten Auflage von Karl Marx’ „Das Kapital“: „Es konnte mir nicht in den Sinn kommen, in das ,Kapital‘ den Jargon einzuführen, in welchem deutsche Ökonomen sich auszudrücken pflegen, worin z. B. derjenige, der sich für bare Zahlung von andern ihre Arbeit geben läßt, der Arbeitgeber heißt, und Arbeitnehmer derjenige, dessen Arbeit ihm für Lohn abgenommen wird.“ Wohlklingend ist der Arbeitgebertag in Berlin natürlich trotzdem.

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