Aramco-Börsengang:Es festigen sich Allianzen illiberaler Staaten

Aramco-Börsengang: Bis zu 60 Milliarden Dollar will Kronprinz Mohammed bin Salman mit der Teil-Privatisierung von Aramco erlösen.

Bis zu 60 Milliarden Dollar will Kronprinz Mohammed bin Salman mit der Teil-Privatisierung von Aramco erlösen.

(Foto: Mandel Ngan/REUTERS)

Der saudische Öl-Konzern Aramco geht an die Börse - und es ist geopolitisch überaus aufschlussreich, wer sich als Investor andient: Staatsfonds aus Russland und China.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Es könnte der größte Börsengang aller Zeiten werden, wenn Saudi-Arabien wie geplant noch in diesem Jahr einen kleinen Anteil an seinem bisher staatlichen Ölkonzern Aramco an Investoren verkauft. Bis zu 60 Milliarden Dollar will Kronprinz Mohammed bin Salman mit der bereits mehrmals verschobenen Privatisierung erlösen. Damit soll die Wirtschaft des Königreichs umgebaut und unabhängiger vom Öl werden. Seine ambitionierten sozialen und wirtschaftlichen Reformen, skizziert in der Vision 2030, weisen in die richtige Richtung. Sie gehen aber einher mit massiver Unterdrückung jeglicher abweichender Meinung, mit schwersten Menschenrechtsverletzungen und noch immer mit dem unseligen Krieg in Jemen. Politische Freiheiten stehen nicht auf der Agenda.

Ein Investorentreffen vergangene Woche in Riad zeigt, dass die Geschäftswelt ein Jahr nach dem Mord an dem Regierungskritiker Jamal Khashoggi dennoch zu business as usual zurückkehren will. Vor einem Jahr noch mieden viele Konzernchefs das Treffen. Dieses Mal konnte MbS, wie der Thronfolger genannt wird, Vorstandschefs von Banken und Investmentgesellschaften ebenso begrüßen wie hochmögende Konzernlenker und Politiker aus fast allen Teilen der Welt - ausgerechnet im Ritz-Carlton. Dort hatte er Hunderte saudische Prinzen und Geschäftsleute einsperren lassen, denen die Regierung Korruption vorgeworfen hatte.

Die Begeisterung für den Börsengang ist verhalten. Eher scheint das Gefühl zu überwiegen, dass man es sich nicht leisten kann, nicht dabei zu seien, wenn ein kleiner Anteil an dem profitabelsten Unternehmen der Welt veräußert wird und das Königreich mitten in einer Phase mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten in vielen Teilen der Welt Milliardeninvestitionen auf den Weg bringt. Aber vielen Investoren reicht die Transparenz des Unternehmens nicht - die Schätzungen, wie viel das Unternehmen wert ist, weichen um 1000 Milliarden Dollar voneinander ab. Die einst geplante Platzierung von Aktien an der Börse in New York hat das Königreich vorerst kassiert - zu groß erschienen angesichts der strengen Vorschriften in den USA die rechtlichen Risiken.

Zu den Großinvestoren sollen denn auch Staatsfonds aus Russland und China gehören - eine interessante geopolitische Konstellation und eine, in der andere Regeln gelten. In der Ölpolitik stimmt sich Riad schon länger mit Moskau ab, sonst verortete sich das Königreich fest im Orbit des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Diese Bindung steht zunehmend infrage. Gerade weil Trump nur mit einer Cyber-Attacke auf den Iran angelasteten Drohnenangriff auf Aramcos Ölanlagen geantwortet hat - und nicht militärisch. Es festigen sich Allianzen illiberaler Staaten, die ihre Interessen ohne große Rücksicht auf Demokratie und Menschenrechte durchzusetzen bereit sind. Die USA halten dem unter Trump nichts entgegen.

Saudi-Arabien setzt darauf, in einem auf lange Sicht schrumpfenden Markt für Rohöl mit seinen außerordentlich niedrigen Produktionskosten alle Konkurrenten auszustechen. An der Börse wird sich zeigen, ob das ausreicht. Eine Investition in Saudi-Aramco ist auch eine Wette auf die Stabilität Saudi-Arabiens und darauf, dass der Kronprinz seine politische Vision wird durchsetzen können. Zweifel an seiner Urteilskraft sind angebracht, wenn man auf seine Herrschaft in den vergangenen zwei Jahren zurückblickt.

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