Arabischer Golf:Taktische Freunde

Saudi-Arabien und seine Verbündeten beenden die Blockade Katars - damit könnten sich einige Krisen in der Region entspannen. Die Trump-Präsidentschaft findet auch in der arabischen Welt ihr Ende.

Von Moritz Baumstieger

Nur für wenige Menschen ist die Umarmung von al-Ula eine schlechte Nachricht. Nach mehr als dreieinhalb Jahren besiegelt diese Geste der Freundschaft das Ende der Blockade, mit der Saudi-Arabien und seine Verbündeten den widerspenstigen Nachbarn Katar zähmen wollten. Am Dienstag empfing der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im Nordwesten seines Königreichs Emir Tamim bin Hamad al-Thani, den er vor Kurzem noch als Urheber von allem Schlechten in dieser Welt verteufeln ließ. Lobbyisten und PR-Berater in Washington, London und Brüssel übernahmen diese Aufgabe gerne - wenn ihnen Katar nicht noch mehr für ihre Dienste bot.

Nach den Krisengewinnlern, die gut von der Schlammschlacht der Scheichs lebten, profitiert nun zur Abwechslung die Welt. Die Menschen in der Region erleben einen historischen Moment: Nachdem die Schlagbäume rund um Katar dreieinhalb Jahre lang geschlossen waren und Familien wie Freunde getrennt hatten, rollen die ersten Autos wieder über die Grenze nach Saudi-Arabien. Auch der Luft- und Seeverkehr in die Nachbarstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain wird bald wieder anlaufen.

Ein Bruderzwist mit Strahlkraft

Der Bruderkrieg am Golf strahlte weit über die Region hinaus. Seine Front verlief etwa durch Libyen: Das mit der Türkei verbündete Katar unterstützte die international anerkannte Regierung in Tripolis - die Blockade-Allianz um Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten den abtrünnigen General Khalifa Haftar, der sich als Bollwerk gegen den politischen Islam inszeniert.

Die ideologischen Differenzen zwischen den Golfmächten werden zwar auch nach der Umarmung von al-Ula fortbestehen - der Emir in Doha dürfte die Bewegung der Muslimbrüder weiter unterstützen und sich Kanäle nach Iran offenhalten; die Monarchen in Riad und Abu Dhabi werden in den Islamisten und der Islamischen Republik weiter die größten Bedrohungen ihrer Macht sehen. Doch es wäre schon viel gewonnen, wenn beide Seiten nun aufhörten, etwa die Friedensbemühungen in Libyen zu untergraben.

Das Ende der Blockade zeigt, dass Diplomatie und Dialog für alle Beteiligten langfristig mehr zu bieten haben als Ad-hoc-Entscheidungen und sogenannte Deals. Es ist kein Zufall, dass dieses Signal der Vernunft pünktlich zum Ende der Amtszeit von Donald Trump kommt: Bestärkt von der fast bedingungslosen Unterstützung, die der US-Präsident Mohammed bin Salman beim Schwerttanz in Saudi-Arabien garantierte, versuchte sich der junge Kronprinz in einer Hau-drauf-Politik. Katar sollte seinen eigenständigen außenpolitischen Kurs aufgeben und sich bedingungslos der Achse Riad-Abu Dhabi unterordnen. Die Erpressung ging nicht auf. Mithilfe seiner immensen Gasvorkommen saß Doha die Blockade einfach aus und ging auf keine der 13 Forderungen der Nachbarn ein.

Nachdem in Washington (außer für Donald Trump) der Machtwechsel feststeht, musste Mohammed bin Salman einsehen, dass er seinem Land mit der Krawallpolitik mehr schadet als nutzt. Diese Erkenntnis könnte nun auch auf andere Krisen durchschlagen - etwa den Jemenkrieg oder den Dauerkonflikt mit Iran. Zu symbolträchtigen Umarmungen muss es dabei nicht unbedingt kommen. Nüchterne Gespräche in ernst gemeinten Verhandlungen würden vollkommen ausreichen.

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