Bundestag:Talent zur Unruhestiftung

Bundestag: Ferda Ataman nach der Wahl im Bundestag zur neuen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung.

Ferda Ataman nach der Wahl im Bundestag zur neuen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung.

(Foto: IMAGO/Political-Moments/IMAGO/Political-Moments)

Nach heftigem Streit wird Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragten gewählt. Warum das eine gute Entscheidung ist.

Kommentar von Constanze von Bullion

Sie hat jetzt einen Höllenritt hinter sich. Und es könnten weitere folgen. Die Publizistin Ferda Ataman ist am Donnerstag vom Bundestag zur Antidiskriminierungsbeauftragten gewählt worden. Nach wochenlanger Medienhäme, nach Aufregung in Union und FDP und trotz weinerlichen Geheuls in einigen Ecken der Mehrheitsgesellschaft ist eine Frau zur Bundesbeauftragten ernannt worden, die Talent zur Unruhestiftung hat. Gut so.

Ataman verkörpert so ziemlich alles, was deutsche Bürgersleute um die Feierabendruhe bringen kann. Als Kolumnistin schrieb sie ohne Rücksicht auf eigene Verluste gegen die Herabsetzung an, die Menschen mit türkischem Namen oder dunkler Haut in Deutschland zugemutet wird, täglich. Sie hat sich mit muslimischen Betonköpfen angelegt, mit dem Migrationsphobiker Horst Seehofer und jenem Teil der Gesellschaft, der sich weigert, Interkulturalität als Selbstverständlichkeit zu betrachten, gar als Chance.

Waren Atamans Texte immer toll? Natürlich nicht. Hat sie Menschen gekränkt? Übertrieben? Immer wieder. Es war auch keine gute Idee, vor ihrer Kandidatur 10 000 Tweets zu löschen, so als wolle sie vertuschen, wer sie bisher war: eine leidenschaftliche Anstifterin. Als Journalistin hat Ataman damit unbequeme Debatten angestoßen. Im neuen Amt wird sie sich mit der Idee des Ausgleichs anfreunden müssen, auch mit viel juristischem Klein-Klein. Ohne Unfälle dürfte das nicht abgehen. Und wenn schon.

Deutschland ist - allem Gerede von Modernität zum Trotz - ein Land, das Zugehörigkeit an Haut- und Haarfarben bemisst. Es benachteiligt Frauen, Alte, Behinderte, macht Bildung in unverantwortlicher Weise vom sozialen Status der Eltern abhängig. Wer das ändern will als Antidiskriminierungsbeauftragte, muss hart kämpfen können, auch gegen Privilegierung. Schönrednerinnen taugen nicht für den Job, wohl aber Menschen, die selbst Blessuren erfahren haben und nicht fürchten. Ferda Ataman gehört zu ihnen.

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An der Nominierung der Publizistin zur Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung hatte es scharfe Kritik von der Opposition und auch aus der FDP gegeben. Bis zuletzt war unsicher, ob die Regierungsparteien eine Mehrheit zusammenbekommen würden.

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