Am 8. Dezember 2021 trat der soeben ernannte Bundesminister der Finanzen, Christian Lindner, vor Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Lindner hob seine rechte Hand, in der Linken baumelte eine FFP-2-Maske. Dann sagte er: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ Der Minister hatte, so wie die anderen Kabinettsmitglieder, damit seinen Amtseid geleistet; den Inhalt hält das Grundgesetz in Artikel 56 fest: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“ Auf diesen Schwur bezog sich Lindner, als am Mittwoch die Ampelkoalition in Scherben ging. Kanzler Olaf Scholz habe von ihm verlangt, die Schuldenbremse auszusetzen, erklärte Lindner am Abend. „Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte.“ Zu viele Schulden, das war die Botschaft, schadeten dem Volk. Scholz sieht es umgekehrt: Mehr Schulden müssten sein, um in die Wirtschaft zu investieren und die Ukraine stärker zu unterstützen, hatte er wenige Minuten vor Lindners Erklärung gesagt. Er sehe sich daher zu dessen Entlassung gezwungen, „um Schaden von unserem Land abzuwenden“.
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Das Grundgesetz sieht ihn vor, die Pflichten daraus kann man jedoch unterschiedlich interpretieren – wie nun Lindner und Scholz zeigen
Von Benedikt Peters
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