Oft wird Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro mit Donald Trump verglichen, was ungerecht ist, denn im Vergleich zu dem Brasilianer wirkt der US-Präsident wie ein Gentleman. Das musste diese Woche Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erfahren. Weil der Franzose die laxe Brandbekämpfung in Amazonien kritisiert hatte, musste er sich aggressive Beleidigungen seiner Ehefrau durch Bolsonaro auf Twitter gefallen lassen; das ist ein Niveau, zu dem nicht einmal Trump hinabgestiegen ist.
Nein, Brasiliens Präsident ist kein Tropen-Trump, er gehört eher in eine Reihe mit Gewaltverherrlichern wie dem Philippiner Rodrigo Duterte oder mit sturen Autokraten wie dem Venezolaner Nicolás Maduro, deren Handeln nur von der Frage beeinflusst wird, was ihrem Machterhalt dient und dem Pfründesystem, das sie trägt. Leider zeigt die EU derzeit die Tendenz, sich von Bolsonaro einwickeln und beruhigen zu lassen. Er twittert zwei Fotos von Hercules-Maschinen, die Wasser abwerfen über dem Urwald, und erklärt, er habe für 60 Tage Brände untersagt - und schon jubilieren führende EU-Vertreter, seht her, der politische Druck habe gewirkt. Das ist lächerlich. Die Feuer wüten nach wie vor, Indigene in Amazonien berichten von der totalen Vernichtung ihres Lebensraums, enorme Mengen Flora und Fauna werden zerstört, die Folgen für das Weltklima sind immens.
Amazonas:Brasilien verbietet Abbrennen von Wald in der Trockenzeit
Meist setzen Farmer abgeholzte Flächen in Brand, um sie als Ackerland zu gewinnen - durch die Trockenzeit greifen die Feuer aber zu leicht auf intakte Waldbereiche über.
Jemand wie Bolsonaro, der eine Machohaftigkeit wie im 19. Jahrhundert an den Tag legt und sich benimmt wie ein bandeirante, eine Art brasilianischer Cowboy, versteht nur die Sprache der Härte. Da reicht nicht der Hinweis, im geplanten Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur sei ja ein Passus installiert, der Waldschutz einfordert. Es gibt längst genug Naturschutzgesetze in Brasilien, nur hat Bolsonaro den Agrarkonzernen und Farmern zu verstehen gegeben, sie bräuchten sich nicht daran zu halten. Man muss Brasilien klarmachen, dass dieser Freihandelsvertrag nicht unterschrieben wird, wenn Bolsonaro das Welterbe Amazonien weiter so behandelt, als wäre es ein privater Kleingarten, in dem er Reisig verbrennt.
Hier beginnt auch die Verantwortung der Industrieländer. Die schrankenlose Ausbeutung von Ressourcen, von Öl, Erzen, Kohle, Mineralien, der massenhafte Anbau von Palmöl und Soja, die Brandrodung von Weideland - sie sind Konsequenz aus einer Handelsordnung, die den reichen Ländern einen verschwenderischen Lebensstil und maximalen Komfort beschert hat. Das geht auf Kosten der Armen, die dafür billig die Rohstoffe liefern. Niemand kann Ländern wie Brasilien oder Bolivien etwas vorwerfen, wenn sie zu diesem Lebensstil aufschließen wollen - solange die reiche Welt ihn als einzig gültiges Modell vorlebt.
Es ist kein Zufall, dass Großfarmer und Kleinbauern am Amazonas gerade jetzt mehr Flächen denn je anzünden, da das größte Freihandelsabkommen der Welt winkt - und parallel wird Chinas Hunger nach Bodenschätzen und Soja unersättlich. Sie befolgen damit nur die Regeln eines ganz auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftssystems, das seit frühesten Zeiten des Kolonialismus existiert und von seinen Verteidigern gerne als alternativlos bezeichnet wird. Wenn das wirklich so wäre, dann müssten künftige Generationen auf Regenwald verzichten.