Aktuelles Lexikon:Zentrumspartei

Ein Relikt der Bismarck-Zeit, heute wieder im Bundestag vertreten.

Von Robert Probst

Das Motto lautet noch wie damals: "Für Wahrheit, Recht und Freiheit." Die Deutsche Zentrumspartei, die nun durch den Wechsel eines ausgetretenen AfD-Abgeordneten plötzlich wieder im Bundestag vertreten ist, beruft sich auf das "Zentrum" aus der Bismarck-Zeit. Mit diesem "Zentrum" hat die Splitterpartei mit kleinen Hochburgen im katholischen Paderborner und im Münsterland allerdings nur noch wenig zu tun. Die Zentrumspartei entstand 1870 als Vertretung des politischen Katholizismus im protestantisch dominierten Preußen beziehungsweise Kaiserreich. Man positionierte sich zwischen den konservativen Rechten und den liberalen Linken. In der Bismarckzeit wurde die Partei hart attackiert: "Katholik und Reichsfeind, katholisch und vaterlandslos, ultramontan und vaterlandsfeindlich, Zentrumsanhänger und Gegner jeder Kulturbestrebung waren nach landläufiger Auffassung gleichwerte Begriffe", heißt es in einer zeitgenössischen Quelle. In der Weimarer Republik stand das Zentrum fest auf dem Boden der Verfassung, stellte mehrere Reichskanzler und war bis 1932 an diversen Koalitionen beteiligt. Nach der Zustimmung zu Hitlers Ermächtigungsgesetz 1933 löste sich die Partei selbst auf, viele Mitglieder litten unter der Verfolgung durch den NS-Staat. 1945 fanden die allermeisten Anhänger bei der überkonfessionellen CDU eine Heimat, nur eine winzige Minderheit bestand auf der Neugründung.

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