Schon im Begriff steckt der Zwiespalt, "Whistleblower" kann man so oder so übersetzen: als Hinweisgeber, Informant, Quelle. Oder als Verräter, Petze, Nestbeschmutzer. Das Bild des modernen Whistleblowers, der in guter Absicht und mit hohem Einsatz weltverändernde Informationen öffentlich macht, hat der US-Amerikaner Edward Snowden geprägt. Die Dokumente, die er bei seinem damaligen Arbeitgeber - dem US-Auslandsgeheimdienst NSA - abgriff und Journalisten zuspielte, belegten 2013 das Ausmaß der Bespitzelung der eigenen Bevölkerung durch westliche Geheimdienste. Snowden ist für dieses Meisterwerk der Aufklärung mit Preisen und Lob überschüttet worden; das bis dahin geheime Abhörprogramm der NSA gilt in den USA heute als illegal. Doch sein normales Leben konnte Snowden, 39, niemand zurückgeben: Zu Hause droht ihm ein Prozess, kein Verbündeter der Amerikaner wollte ihm Asyl gewähren. Er lebt im Exil in Moskau. Aufklärer oder Verräter: eine Frage der Perspektive. Für die aktuell kursierenden Dokumente aus dem US-Verteidigungsministerium stellt sich diese Frage allerdings wohl nicht: Das Pentagon-Leak, in puncto Brisanz dem NSA-Leak ähnlich, ist nach Recherchen von US-Medien weder in guter noch in böser Absicht öffentlich geworden, sondern in gar keiner - durch jemanden, der es halt einfach nur konnte.
MeinungAktuelles Lexikon:Whistleblower

Von Ralf Wiegand

Je nach Perspektive ein wichtiger Informant oder ein Nestbeschmutzer. Selten wird man dafür gelobt.
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