Aktuelles Lexikon:Volksverhetzung

Ein Straftatbestand, der nicht für geschlossene Chatgruppen gilt - auch wenn die Teilnehmer Polizisten sind.

Von Annette Ramelsberger

Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs regelt einen Straftatbestand, den es in vielen anderen Staaten nicht gibt und der nur aus der deutschen Geschichte heraus zu erklären ist, in der ganzen Gruppen von Menschen das Lebensrecht abgesprochen wurde. Es geht um die "Volksverhetzung". Sie wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Strafbar ist, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen diese Gruppen aufzufordern oder sie zu beschimpfen, böswillig verächtlich zu machen oder zu verleumden. Vergangenes Jahr hat der Bundestag das Gesetz um eine weitere Variante ergänzt: Auch das Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen fallen nun unter den Paragraf 130. Was Volksverhetzung ist und was nicht, darüber wird immer wieder vor Gericht gestritten. Voraussetzung dafür ist, dass die Taten geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. Wer nur zu Hause hetzt, stört den öffentlichen Frieden nicht. Das Landgericht Frankfurt hat gerade entschieden, eine Anklage gegen Polizisten nicht zuzulassen, die ihren Hass gegen Juden, Migranten, Behinderte und Frauen in einer geschlossenen Chatgruppe auslebten. Sie waren also unter sich - und verhetzten nicht das Volk.

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