Aktuelles Lexikon:Straffreiheit

Ein Paragraf, der nun im Fall des Polizistenmordes von Kusel angewandt worden ist.

Von Wolfgang Janisch

Schuldig im Namen des Volkes, aber doch straffrei? Florian V. durfte das Landgericht Kaiserslautern ungestraft verlassen, wiewohl der gewerbsmäßigen Jagdwilderei schuldig gesprochen, die er mit dem nun wegen Polizistenmordes verurteilten Andreas S. betrieben hatte. Ein erhobener Zeigefinger ohne Konsequenzen? Gewiss, aber vor allem war es der Lohn für seine sofortige Kooperation: Die Kronzeugenregelung des Strafgesetzbuch-Paragrafen 46b ersparte ihm die Strafe. Für einen Beitrag zur Verbrechensaufklärung Strafnachlass oder gar Straffreiheit zu gewähren, ist ein so altes wie umstrittenes Instrument. 1982 wurde die Kronzeugenregelung für die Drogenkriminalität eingeführt, 1989 auf Terrorismus ausgedehnt, später kam sie auch bei Geldwäsche zum Einsatz, immer mit demselben Ziel, die Dunkelfelder organisierter Kriminalität aufzuhellen. Ob das wirklich klappt, weiß niemand so recht, gleichwohl gelangte Paragraf 46b im Jahr 2009 als allgemeine Regel ins Strafgesetzbuch. Der Normalfall ist ein Strafrabatt, aber in Ausnahmefällen kann das Gericht auch ganz von Strafe absehen, wenn ohnehin nicht mehr als drei Jahre rausgekommen wären. Voraussetzung ist allerdings ein echter Beitrag zur Aufklärung, und zwar schon vor der Eröffnung des Hauptverfahrens. Erst einmal abwarten und schauen, wie der Prozess so läuft - das geht nicht. Wer zu spät kommt, den bestraft das Gericht am Ende doch.

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