Aktuelles Lexikon:Mob

Von Moritz Baumstieger

Um sich mit dem erhabenen Hauch der Geschichte zu umgeben, nehmen die USA gerne Anleihen beim Lateinischen. "E pluribus unum", also etwa "aus vielen eins", ist der Wappenspruch der Republik, er ziert als Inschrift den Sockel der Statue der Freiheit auf der Kuppel des Kapitols. Doch auch in einer der weniger erhabenen Stunden, die das Parlament erleben musste, war das Lateinische nicht weit: Die Menschenmenge, die am Mittwoch das Haus entweihte, wurde in den Livesendungen gemeinhin "Mob" genannt. Die Bezeichnung für eine wütende Masse, die plündernd, zerstörend, manchmal gar lynchend marodiert, leitet sich vom lateinischen "mobile vulgus" ab, von der "reizbaren Volksmenge". Meist agiert sie ohne erkennbare Führung, richtet ihre Zerstörung scheinbar spontan an - ein Grund, warum das Netzphänomen von wie aus dem Nichts auftauchenden Gruppen, die gemeinsam agieren, "Flashmob" getauft wurde. Im Falle der Randalierer vom Kapitol trifft die Spontanität aber nur bedingt zu, hier erkannte etwa die New York Times durchaus einen Verantwortlichen: "Trump stachelt Mob an" titelte sie. In einer weiteren Bedeutung wird das Wort mob im amerikanischen Englisch für das organisierte Verbrechen verwendet - hier schließt sich ein Kreis. Als Trump Georgias Innenminister zur Neuberechnung des Wahlergebnisses drängen wollte, klang er laut Kommentatoren wie ein Mafiaboss.

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