Aktuelles Lexikon:Lebenswerk

Was der Mensch halt so schafft. Was aber auch nicht selten eine prekäre Situation schafft, wie jetzt bei Koch Alfons Schuhbeck.

Von Johan Schloemann

Die deutsche Sprache hat eine Neigung zu zusammengesetzten Wörtern. Mal führt sie zu den notorischen bürokratischen Monstern, mal aber zu sehr bündigen Kompositionen. Eine solche ist das "Lebenswerk", das vom doppelten Bezug seiner Bestandteile zehrt: Es ist das Werk, das im Laufe eines ganzen Lebens geschaffen wurde; aber auch das Werk, das aus diesem schöpferischen Leben selbst besteht. Es ist von der Person schwer zu lösen, die aber im besten Fall etwas hervorgebracht hat, das auch über sie hinaus Bestand hat. Belegt ist das Wort erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts, passend zum Arbeitsethos des industriellen Zeitalters. Man verwendet es teils für ein kreatives Œuvre, das bei Preis-Galas einen Lifetime Achievement Award erhalten kann, teils auch für die Leistungen von Unternehmern. Besonders bei diesen schwingt immer die Frage der Fortführung mit: Ein Lebenswerk schafft nicht selten eine prekäre Nachfolgesituation. So steht es jetzt auch mit dem Aufstieg und Fall des Kochs Alfons Schuhbeck, der wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe angeklagt ist, und seines Gastro-Imperiums. Er stehe, sagt er vor Gericht, "vor den Trümmern seines Lebenswerks". Das Schicksal eines Unternehmers, dessen Kreativität sich leider mutmaßlich auch auf seine Buchführung erstreckt hat.

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