Aktuelles Lexikon:Kuratieren

Irgendjemand muss sich schließlich kümmern, in der Kunst wie im Leben.

Von Kia Vahland

Was nicht alles kuratiert werden muss. Die Auslage im Blumengeschäft. Der Bürojob. Kommentare in Social Media. Wohnungseinrichtungen. Meetings aller Art, nicht dass bei der Weihnachtsfeier alle durcheinanderreden. Überhaupt, man sollte mal das eigene Leben kuratieren: Fotos sortieren, alte Benutzerkonten löschen. Kuratieren lässt sich dieses und jedes, jedenfalls wird das Wort inzwischen angewendet auf Dinge, derer sich mal jemand annehmen sollte. Was der ursprünglichen Wortbedeutung nahekommt: Das lateinische "curare" heißt sich kümmern, Sorge tragen um etwas. Im engeren Sinne aber bedeutet kuratieren, Dinge, die gesehen werden sollten, öffentlich auszustellen - damit andere über sie reden und streiten können. Kuratoren unterscheiden sich von Kustodinnen, die eine ständige Sammlung in einem Museum pflegen. Sie fügen vielmehr aus verschiedenen Quellen zusammen, was ihnen sinnhaft erscheint. Das Suchen, Auswählen, Kommunizieren gehört zu ihren Kernaufgaben. Im 20. und frühen 21. Jahrhundert wurden Virtuosen wie Harald Szeemann und Okwui Enwezor zu Starkuratoren, die die Fäden in der Hand hielten. Das Kuratorenkollektiv Ruangrupa, das die Documenta verantwortet, geht den gegenteiligen Weg: Es delegiert das Kuratorische an Unterkollektive, was Hierarchien auflösen mag, aber auch Verantwortung diffundieren lässt.

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