Das humanitäre Völkerrecht ist der schier unmögliche Versuch, die Regeln des Rechts in einer Situation zur Geltung zu bringen, in der die Unmenschlichkeit Programm ist. Das "Ius in bello", also das Recht im Krieg, soll Leid und Zerstörung im Krieg lindern - soweit es überhaupt möglich ist. Diese Regeln - übrigens eng verknüpft mit der Gründung des Roten Kreuzes - sind zum Beispiel in der Haager Landkriegsordnung von 1907 enthalten sowie in mehreren Genfer Konventionen und Zusatzprotokollen. Dazu gehören vor allem Vorschriften zum Schutz von Verwundeten, Kriegsgefangenen und Zivilisten. Darunter auch die Regel, dass das Militär Zivilisten nicht dadurch in Gefahr bringen darf, dass es aus Wohngebieten heraus operiert und damit die Gegenangriffe auf sie lenkt. Dies hat Amnesty International der Ukraine vorgeworfen - weil ans humanitäre Völkerrecht auch gebunden ist, wer rechtswidrig angegriffen wird. Denn nicht nur der Angreifer, auch der Verteidiger hat die Pflicht, die Zivilbevölkerung so gut als möglich zu schützen, schon gar, wenn es die eigenen Leute sind. Das humanitäre Völkerrecht gilt für beide Seiten. Das bedeutet freilich auch: Sollte die Ukraine gegen die Regeln verstoßen haben, rechtfertigt dies nicht wahllose russische Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung.
Aktuelles Lexikon:Humanitäres Völkerrecht
Es soll im Krieg, wenn das Unmenschliche Programm zu werden droht, das Schlimmste verhindern.
Von Wolfgang Janisch
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