Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Brandmauer

Kann wahlweise eingezogen oder eingerissen werden, schützt im besten Fall vor Gefahr.

Von Julian Erbersdobler

Feuer heißt Gefahr. Wenn es also in politischen Reden irgendwo brennt, dann braucht es jemanden, der zumindest den Eindruck erweckt, dieses Feuer löschen zu können. Manfred Weber zum Beispiel, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament. Er fordert eine "Brandmauer", um Marine Le Pen zu stoppen. Übersetzt: Marine Le Pen, das personifizierte Feuer. Angeheizt, findet Weber, auch von einem gewissen Emmanuel Macron, dessen politisches Konzept zu einer "tiefen Spaltung der Gesellschaft" in Frankreich geführt habe. Eine Brandmauer (oder auch Brandwand) also, per Definition: eine Mauer zwischen Gebäuden oder Gebäudeteilen, die das Übergreifen von Feuer und Rauch verhindern soll. Gerade in dichtbebauten Großstädten, wo sich oft Haus an Haus reiht, ist sie unabdingbar. Als Material eignet sich unter anderem Leichtbeton, der nicht nur hohen Schallschutz bietet, sondern auch Feuer lange standhalten kann. Brandmauern lassen sich also, wie bei Manfred Webers Satz, nicht nur baulich je nach Anliegen einziehen oder gar einreißen. Bei beidem droht Gefahr: Ist die Mauer erst einmal eingerissen, gibt es kaum mehr einen Weg zurück, so die allgemeine Deutung. Und wer sie einziehen will, die Brandmauer, der ahnt ja zumindest, dass er sie bald brauchen könnte.

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