AfD:Rechtsextrem und recht stabil

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Die Verluste bei den Landtagswahlen sollten niemanden beruhigen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Partei einen Stamm an Anhängern hat.

Von Jens Schneider

Die Erleichterung muss bei vielen Politikern der Union, aber auch bei SPD, Grünen, FDP und Linken ziemlich groß gewesen sein. Sonst hätten sie in den vergangenen Tagen nicht so ausgiebig ignoriert, was rund um die AfD am Sonntag tatsächlich passiert ist. Gewiss, auf den ersten Blick sieht es aus, als könnte der rechte Spuk bald vorüber sein. Zum ersten Mal sind die Rechtsaußen bei Wahlen eingebrochen. Das ist ein Einschnitt, aber es wäre naiv, jetzt auf ihren schnellen Niedergang zu hoffen.

Tatsächlich brachte der Wahlsonntag beunruhigende Erkenntnisse. Die AfD hat in einer Phase, in der ihre Kernthemen nicht verfangen, ein Zehntel der Wähler erreicht - und das in zwei solide regierten, wirtschaftlich gefestigten Ländern, in der wohlhabenden Mitte Deutschlands. Es hat ihr wenig geschadet, dass der Verfassungsschutz sie für problematisch hält. Auch die Spaltung ihrer Spitze störte ein Zehntel der Wähler nicht.

Die Partei hat Wurzeln im Land geschlagen

Dies muss man als Botschaft ernst nehmen und vermutlich auch auf den Bund übertragen. Deutschland muss sich für weitere Jahre auf eine extrem rechte Kraft im Bundestag einstellen, die offenbar von einer entsprechend radikal gesinnten Kernwählerschaft getragen wird, die für die bürgerlichen Parteien schwer erreichbar ist. Die Partei hat Wurzeln im Land geschlagen mit ihren mehr als 30 000 Mitgliedern und Unterstützern, von denen auch die besonders radikalen Kräfte die Strukturen und finanziellen Mittel der Demokratie nutzen, um Netzwerke aufzubauen, sich zu professionalisieren. Es ist eine von rechten Ressentiments geprägte Gegenwelt entstanden, die sich in ihren Zirkeln im Internet verstärkt.

Diese Welt bildet für die AfD einen Resonanzboden, und die bedient diese Welt als zuverlässig rabiater Repräsentant, gerade im Bundestag. Als die Partei 2017 einzog, erwarteten viele eine schnelle rechte Zellteilung. Doch neben Frauke Petry, der einstigen Führungsfigur, sind nur wenige gegangen. Die Fraktion blieb stabil, wenig erschüttert von den Querelen der Partei. Sie hat sich eingerichtet in ihrem Doppelspiel: Während einzelne sich um konservative Sachpolitik bemühen, bestimmt die ablehnende Haltung gegenüber dem Konsens der anderen Parteien den Grundgestus der Fraktion. Als Dagegen-Partei, die keine Antworten hören und nicht dazugehören will - mit Wählern, denen genau das gefällt.

Die Kontrahenten werden von einer eigenen Logik bestimmt, die sie aneinander bindet

Und die massiven inneren Konflikte? Die AfD-Spitze ist seit einem Jahr tief gespalten. Aber es gibt deshalb keine zwingende Logik des Zerfalls. Im Gegenteil, die Kontrahenten werden von einer eigenen Logik bestimmt, die sie aneinander bindet: Die etwas Gemäßigteren um den Parteichef Jörg Meuthen und die Widersacher um Alexander Gauland oder Björn Höcke brauchen einander für den Wahlerfolg. Auf einzelne können sie verzichten, nicht aber auf ihr Erfolgsmodell des Wechsels zwischen rüder Radikalität und bürgerlicher Fassade.

Es geht längst auch um Karrieren und als einmalig empfundene politische Chancen, die nur in diesem Zusammenspiel bestehen. Gewiss lähmt der Konflikt die Partei. Sie ist weit von ihren Träumen entfernt, bundesweit auf zwanzig Prozent zu kommen. Aber die Politik muss lernen, mittelfristig mit ihrem gefährlichen Potenzial zu leben - das in den ostdeutschen Ländern mit noch viel größerem Rückhalt die Stimmung prägt, aber bundesweit ein Faktor ist.

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