Süddeutsche Zeitung

AfD:Zwei Parteien in einer

Die Rechtspopulisten gehen mit neuer Härte aufeinander los. Eine Spaltung könnte das Ergebnis sein.

Kommentar von Markus Balser

Wohl selten wurde ein Parteichef aus den eigenen Reihen derart düpiert wie Tino Chrupalla am Montag. Er hatte gerade versucht, das schwache Ergebnis bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen als Erfolg zu verkaufen, als Beispiel für Geschlossenheit der Partei - da platzte die Bombe: Gleich mehrere Kollegen aus dem Bundesvorstand stellten öffentlich seine Eignung infrage. Der Zeitpunkt kam einem politischen Hinterhalt gleich. Man brauche jetzt endlich eine kompetente Führung, forderten die Absender. Sie meinten: eine andere.

Die Eskalation des Machtkampfs zeigt: Für die AfD hat die wohl wichtigste Phase ihrer noch jungen Geschichte begonnen. Streit gab es zwischen dem für AfD-Verhältnisse gemäßigten Lager und den Rechtsaußen immer. Neu ist die Härte, mit der die beiden zentralen Strömungen aufeinander losgehen. Beiden Seiten ist anzumerken: Begonnen hat ein Überlebenskampf. Zehn Wahlen in Folge verbucht die AfD nun schon Stimmenverluste. Viele Abgeordnete und Mitarbeiter fürchten um ihre politische Existenz.

Eine Entscheidung auch über die Zukunft von Parteichef Chrupalla rückt deshalb näher. Die Luft wird dünn, denn als Versöhner gilt Chrupalla nicht. Der heftige Streit um die Russland-Politik der AfD entzündet sich gerade an seinen Reden. Chrupalla trägt eine Mitverantwortung auch dafür, dass über eine gemeinsame Zukunft der beiden Strömungen unter einem Dach derzeit kaum noch jemand in der Partei spricht.

Immer offener tritt so zutage, dass inzwischen auch das Geschäftsmodell der AfD zur Disposition steht: Bürgerliche und Extreme gleichermaßen anzusprechen. In der Partei setzt sich die Erkenntnis durch, dass in Form der eher gemäßigten Westverbände und den radikaleren im Osten eigentlich zwei Parteien innerhalb einer existieren. Schon in wenigen Wochen könnten die Risse so tief sein, dass ein Bruch nicht mehr zu verhindern ist.

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