Parlament:Die Hüter des Gesprächs

Die AfD wollte sich einen Platz im Bundestagspräsidium erklagen und scheitert in Karlsruhe. Daran ist sie selber schuld.

Von Wolfgang Janisch

Es ist natürlich auffällig, wie sehr sich die AfD, sobald es ums eigene Hemd geht, für Minderheitenrechte einsetzt. Sie möchte gern einen Kandidaten ins begehrte Amt des Bundestags-Vizepräsidenten hieven, aber bisher sind alle sechs Versuche an der Bundestagsmehrheit gescheitert. Nun sollte das Bundesverfassungsgericht helfen, aber auch aus Karlsruhe kam im Eilverfahren ein vorläufiges Nein.

Dabei sollte es später auch im Hauptsacheverfahren bleiben. Der Bundestag hat verfassungsrechtlich einen weiten Spielraum, seine Arbeitsabläufe selbst zu organisieren. Gewiss, das Wählervotum muss sich auch in der parlamentarischen Arbeit abbilden, etwa bei der Zusammensetzung von Ausschüssen. Aber das Präsidium ist kein Ausschuss, sondern leitet und repräsentiert den Bundestag. Dass die Abgeordneten auswählen dürfen, wer ihnen vorsitzt, ist selbsterklärend - und steht, nebenbei gesagt, im Grundgesetz.

Aber auch die parlamentarische Kultur gebietet es, die AfD vom erhöhten Platz im Parlamentsplenum fernzuhalten. Wer die Sitzungen leitet, hat inzwischen alle Hände voll zu tun, damit Debatten nicht durch die Provokationen der AfD in einen sinnlosen Streit getrieben werden. Der Bundestagspräsident ist der Hüter des demokratischen Gesprächs. Dort jemanden zu platzieren, der das Gespräch zerstören will, wäre schon eine bizarre Idee.

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