Es wird in „absehbarer Zeit“ keine staatliche Förderung für die Zustellung von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften geben. Das teilte ein Sprecher von Medienstaatsministerin Claudia Roth auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit: „Angesichts der großen wirtschaftlichen Herausforderungen war es bisher nicht möglich, im Haushalt Mittel für eine solche Zustellförderung vorzusehen.“ Das werde auch in absehbarer Zeit nicht möglich sein, „die Arbeiten dazu werden daher zurzeit nicht fortgeführt“.
Im Koalitionsvertrag der Ampel wurde die Prüfung von Fördermöglichkeiten angekündigt. Schon seit Jahren – auch bei der schwarz-roten Vorgängerregierung war das Thema – gibt es ein Hin und Her bei der Frage, ob der Staat Pressehäuser bei der Zustellung von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften finanziell unterstützen sollte. Denn die Zeitungszustellung ist ein erheblicher Kostenfaktor für die Verlage, vor allem in entlegenen Regionen rechnet sie sich immer weniger. Doch auch wenn die Auflagen zurückgehen, soll Pressevielfalt weiterhin flächendeckend angeboten werden. Verlegerverbände hatten in den vergangenen Jahren immer wieder auf eine Förderung gepocht.
Medienpolitik:Vergesst den Journalismus nicht
Wichtige Vorhaben zur Medienförderung hat die Regierung schon vor der Haushaltskrise verschleppt. Und nun?
Noch im Mai hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner wieder Hoffnungen geweckt. Auf einem Verlegertreffen in Berlin sagte er, er sei „unverändert bereit“, mit den „sehr knappen Mitteln“ zu prüfen, was möglich sei. Er warte auf ein Konzept einer Förderrichtlinie. Ein solcher Vorschlag sei noch in Absprache zwischen Medienstaatsministerin Roth und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Doch von einer solchen Richtlinie wurde danach nichts bekannt. Der Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien e. V. (VDL) äußert sich nun „tief enttäuscht“ zu der „fatalen Fehl-Entscheidung“. Der Verbandsvorsitzende Kai Röhrbein sagt: „Es steht nicht weniger als die lokale Medienvielfalt auf dem Spiel, und das ist Demokratie-relevant. Es ist unverständlich, dass die Regierung dies nicht erkennt.“
„Trotz vieler Sonntagsreden der Politik“ letztlich keine Förderung, kritisiert der MVFP
Vom Medienverband der freien Presse (MVFP), der Zeitschriftenhäuser vertritt, heißt es, man nehme mit großem Bedauern zur Kenntnis, „dass trotz vieler Sonntagsreden der Politik anlässlich des Grundgesetzjubiläums und 75 Jahre Pressefreiheit, von Bundeskanzler Scholz, Finanzminister Lindner oder auch Kulturstaatsministern Roth, letztlich keine Förderung für die freie Presse und den unabhängigen Journalismus erfolgt.“ Es sei enttäuschend, dass den vielen warmen Worten keine Taten folgten und die dringend benötigte Unterstützung für einen Grundpfeiler einer freiheitlichen Demokratie ausbleibe.
Pressefreiheit, ARD und ZDF:Pressefreiheit ohne Presse?
Der freie Diskurs ist in Gefahr: Burda-Vorstand Philipp Welte zur Frage, warum die deutschen Verlegerinnen und Verleger sich nun gegen die gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen wehren.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) teilt mit, man erwarte politisch wie wirtschaftlich faire und stabile Rahmenbedingungen. Und die Verleger schlagen erneut vor: „Die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Presseprodukte wäre eine gute Lösung.“
Ende 2023 hatte Medienstaatsministerin Roth sich für eine solche weitere Absenkung der Mehrwertsteuer für Presseprodukte ausgesprochen, die aktuell bei sieben Prozent liegt. Ihr Sprecher teilt mit: „Dies wäre eine schnell zu erreichende, effektive, unbürokratische und vor allem staatsferne alternative Fördermöglichkeit für die Presse.“ Gleichzeitig dämpft er Erwartungen: „Auch für eine solche Absenkung der Mehrwertsteuer dürften aber aufgrund der damit verbundenen Steuermindereinnahmen die aktuellen Herausforderungen für den Gesamthaushalt gelten.“
Am Mittwoch hatte noch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder Zeitschriftenverlagen seine Unterstützung zugesichert: Die von der Branche geforderte Senkung der Mehrwertsteuer auf ihre Produkte sei dafür am einfachsten. „Wenn es hilft, gerne“, sagte Söder. Zugleich wandte er sich angesichts des Umbruchs im Mediengeschäft an die Branche: Die Kunst sei, sich in den Wandel einzubringen und ihn mitzugestalten.