Zum Tod von Götz George:"Tatort"-Kommissar Schimanski - Was für ein Prolet!

Mal hing er am Hubschrauber, mal lag er nackt und verprügelt auf dem Fußballfeld: Als Horst Schimanski sorgte Götz George für Aufsehen. Und prägt den "Tatort" bis heute.

Von Carolin Gasteiger

Alles hat mit "Scheiße" angefangen.

Mit diesem Wort feierte Götz George 1981 seinen Einstand im Tatort. Als Horst Schimanski sollte der "Ruhrpott-Rambo" oder "Prügelkommissar", wie ihn die Medien bald titulierten, aus der ARD-Krimireihe ausscheren. Nicht als leichtfüßiger Gentleman-Ermittler, sondern als Rauhbein, das nahe dran ist an den Menschen. Ganz nah.

Horst Schimanski war anders als alle vorherigen Tatort-Kommissare, allein optisch. Mit offenem Hemd, abgewetzter beiger Jacke und Cowboystiefeln passte er so gar nicht ins Bild des seriösen und schon etwas angestaubten Ermittlers.

Schimanski kannte die bösen Jungs von um die Ecke, ihre Manieren, ihre Sprache. Mit Sprüchen wie "Kein Schwanz ist so hart wie das Leben" oder "Du, Mensch, du, das kannste doch nicht machen! Mensch, du" polterte der Junggeselle durch seine Fälle. Er soff, war schönen Frauen zugetan, und wenn es sein musste, setzte er wenig zimperlich die Fäuste ein. Zu Zeiten seines Vorgängers Heinz Haferkamp undenkbar. Aber mit "Schimmi" kam Bewegung in den Tatort: Anstatt Türen vorsichtig zu öffnen, trat Schimmi sie ein, er sprang aus dem Hubschrauber oder auf fahrende Autos.

Unkonventionell, dreckig, proletenhaft, aber mit starkem Hang zur Gerechtigkeit - so war Schimanski. Ganz rauhe Schale, der Kern etwas weicher. Trotz der vielen "Scheiße"-Ausrufe, sein regeltreuer Partner Christian Thanner zählte einmal mit ("schon 18 Mal!").

Schimanski pfiff, ähnlich wie sein Darsteller, auf Konventionen. In "Zweierlei Blut", in dem auch der sehr junge Dietmar Bär mitspielt, zieht Schimanski 1984 sogar blank und findet sich nackt und verdroschen auf einem Fußballfeld wieder. Der Kommissar zeigte, dass auch die Guten verwundbar sind.

Stunts, Schlägereien, harte Sprache von der Straße: All das erinnert an aktuelle Ermittler. An den bad cop Peter Faber aus Dortmund etwa ("Schimanski kann einpacken"), oder Bazooka-Ballerer Nick Tschiller. "Ich hab' mir vorgenommen, das Format so zu machen, wie ich das gerne sehen würde - so eine Art 'Schimanski 2012 reloaded'", sagte Til Schweiger zu seinem Tatort-Engagement. Sowohl Faber als auch Tschiller pfeifen auf Konventionen, sind alles andere als perfekt und ecken an, wo sie nur können. Und führen auf diese Weise die Erinnerung an Schimanski fort. Fabers Armeeparka ersetzt Schimanskis beige Windjacke - und Tschillers erstes Wort im Tatort lautete: "Fuck".

Aber nicht nur die männlichen Tatort-Ermittler, auch ihre Kolleginnen sind mitunter eine Hommage an den Coolsten aller Kommissare: Nina Kunzendorf erinnerte als Conny Mey mit Cowboystiefeln und Proleten-Attitüde an eine weibliche Version Schimanskis. Selbst der Weg zum Mülltonnen-Quickie der Berliner Kommissarin Nina Rubin dürfte von Horst Schimanski geebnet worden sein.

Aber es wird sich zeigen, ob in ein paar Jahren ausgegliederte Krimiformate namens "Tschiller" oder "Faber" im Ersten laufen werden und den Protagonisten das gelingt, was Götz George geschafft hat: Schimanski wurde irgendwann größer als der Tatort. Aber dass sich auf Twitter bald mehr Menschen von Schimanski als von Götz George verabschieden, zeigt, wie die Figur das deutsche Fernsehen und die Gesellschaft geprägt hat. Scheiße, war Schimmi gut.

Sonderprogramm zum Tod von Götz George

Das Erste

Dienstag, 28.6., 0.25 Uhr: "Schimanski: Loverboy", 22.45 Uhr: "Götz George - Der will doch nur spielen"

Mittwoch, 29.6., 20.15 Uhr: "Besondere Schwere der Schuld"

Freitag, 1.7., 22 Uhr: "Schimanski: Schuld und Sühne", 23.30 Uhr: "Tatort: Moltke"

ZDF

Montag, 27.6., 20.15 Uhr: "Tod einer Polizistin", 22.15 Uhr: "Erinnerungen an Götz George"

WDR

Montag, 27.6., 20.15 Uhr: "Schimanski: Tod in der Siedlung", 22.10 Uhr: "Zivilcourage", 23.40 Uhr: "Tatort: Duisburg Ruhrort"

Eins Festival

Montag, 27.6., 21.45 Uhr: "Tatort: Duisburg Ruhrort"

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