China verschärft seine Internetzensur. Nachdem die oberste Internetbehörde CAC in den vergangenen Wochen mehrere Internetseiten von ausländischen Medien gesperrt hat, ist seit dieser Woche in China auch die Internetseite der Süddeutschen Zeitung nicht mehr zu erreichen. Betroffen sind auch die Apps des Verlages, mit denen die Nutzer auf den Online-Auftritt sowie die digitale Ausgabe der Zeitung zugreifen können. Zuletzt waren auch die Internetseiten der Tagesschau , des ZDF und des Schweizer Radio und Fernsehens zensiert worden. Auch Spiegel Online ist nicht mehr zu erreichen. Die Chefredaktion von ARD-aktuell kündigte an, das weitere Vorgehen prüfen zu wollen.
Die Gründe für die Sperrung sind unklar. Die Internetbehörde CAC reagierte nicht auf eine Anfrage. In China gibt es keine freie Berichterstattung. Das Land liegt auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 177 von 180. Es liegt nahe, dass die ausländischen Seiten gesperrt sind, damit sich die Bevölkerung nicht bei unabhängigen Medien informieren kann. China verschärft die Überwachung im Internet deshalb in der Regel um politisch sensible Jahrestage. Zum 30. Jahrestag des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens wurden zahlreiche Dienste eingeschränkt. Auslöser für die jüngsten Sperrungen könnten die Massenproteste in Hongkong sein.
Die Liste der gesperrten Dienste ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen
In kaum einem Land wird das Internet so streng kontrolliert wie in China. Seit Jahren sind Medien wie die New York Times, Bloomberg und die BBC gesperrt. Soziale Medien wie Instagram, Facebook und Twitter werden blockiert. Auf Druck Chinas löschte Apple 2017 auch die Apps der New York Times aus seinem chinesischen App Store, damit sie für Leser im Land nicht mehr zur Verfügung stehen.
China sperrt Seiten immer wieder auch temporär. Die SZ war 2014 für einige Zeit nicht zu erreichen, nachdem sie die Recherchen zu den "China Offshore-Leaks" über die Offshore-Geschäfte von engen Verwandten hochrangiger chinesischer Politiker veröffentlicht hatte. Alle kritischen Berichte über "führende Funktionäre und das System" seien zu unterbinden, hieß es damals in Anweisungen der Zensoren. Die Liste der gesperrten Dienste ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Unklar ist, nach welchen Kriterien die Entscheidungen getroffen werden. Beispielsweise ist die Seite des NDR seit den Offshore-Leaks gesperrt, obwohl die internationale Berichterstattung der ARD eher auf der Seite der Tagesschau zu finden ist. Im Fall der SZ ist die Adresse sueddeutsche.de gesperrt, allerdings nicht die verkürzte Adresse sz.de.
Internetnutzer können die chinesische Zensur mit sogenannten VPN umgehen, die den Internetverkehr über Umwege ins freie Netz leiten. Die meisten VPN-Anbieter sind kostenpflichtig. Seit 2018 darf solche Software auch nur noch mit staatlicher Erlaubnis angeboten werden. Viele kleinere chinesische Anbieter sind von staatlicher Stelle geschlossen worden. Die Nutzung wird nur deshalb noch geduldet, weil Unternehmen sie für ihr internationales Geschäft brauchen. Ein Großteil der chinesischen Bevölkerung nutzt sie allerdings nicht.