Zeitungsstreit in Ecuador:Zum letzten Gefecht

Für den Kläger ist es ein Meilenstein, die Angeklagten sehen in dem Gerichtsurteil eine Attacke gegen kritische Berichterstatter: Nach monatelangem Streit muss die ecuadorianische Zeitung "El Universo" 40 Millionen Dollar bezahlen - wegen Verleumdung des Präsidenten.

Peter Burghardt

Am Tag danach erschien Ecuadors größte Zeitung mit weißem Titelblatt. Darauf stand nur ein Kästchen mit einem Wort als Überschrift: "Verurteilt." Zur Wochenmitte hatte das Blatt El Universo aus der Küstenstadt Guayaquil eine gewaltige Strafe ereilt, der Kläger war Rafael Correa, der Staatschef.

ECUADORIAN NEWSPAPER SENTENCED FOR PRESIDENT CORREA'S CLAIM, OPEN

Mit einem weißen Titelblatt und nur einem Wort als Überschrift erschien El Universo jüngst - nun soll die Zeitung 40 Millionen Dollar zahlen.

(Foto: dpa)

Ein Richter gab ihm recht und verfügte, dass El Universo 40 Millionen Dollar Strafe bezahlen muss, außerdem sollen drei Direktionsmitglieder und ein ehemaliger Kolumnist für drei Jahre ins Gefängnis. Wegen Verleumdung des Präsidenten.

Die Affäre ist der Höhepunkt des Dauerstreits zwischen dem Linkspolitiker und den Privatmedien des südamerikanischen Landes. Auslöser war ein Beitrag des damaligen Leitartiklers Emilio Palacio in El Universo - darin bezeichnete er den gewählten Presidente Correa als "Diktator" und warf ihm "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor. Correa habe im September 2010 auf eine Klinik mit Zivilisten schießen lassen, so Palacio, seinerzeit hatten sich bei einem mutmaßlichen Putschversuch Polizisten gegen Correa erhoben.

Gegen die Behauptung zog Correa vor Gericht, er forderte sogar 80 Millionen Dollar Bußgeld und lehnte das Angebot einer Gegendarstellung ab. Für den Machthaber ist das Urteil "ein Meilenstein. Der Mythos der allmächtigen Presse ist eingestürzt." Für El Universo ist der Schiedsspruch eine Attacke gegen kritische Berichterstatter. Dies sei "Einschüchterung, die zu Selbstzensur und Schweigen führen wird".

Internationale Journalistenvereinigungen wie die Reporter ohne Grenzen sind ebenfalls entsetzt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch spricht von "einem Schlag gegen die Meinungsfreiheit". Die Leitung von El Universo legt Berufung ein und sagt, der Verlag habe die verlangte Summe auch gar nicht. In der Freitagsausgabe stand "Freiheit, Freiheit!" auf Seite eins, Demonstranten trugen Schilder mit Parolen wie "Nein zum juristischen Missbrauch". Präsident Correa gab unterdessen bekannt, er wolle die 40 Millionen Dollar "für angemessene Zwecke" verwenden, "mich interessiert davon kein Cent".

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