Zeitungen: Proteste gegen Sat.1-Film:"Marco-Schock" in der Türkei

"Denken sie, dass die Türkei eine Bananenrepublik ist?" Die türkische Presse kritisiert den Marco-Fernsehfilm scharf. Der Deutsche habe sich zum Beispiel nie über Haftbedingungen beschwert.

Türkische Zeitungen kritisieren den deutschen Fernsehfilm über die Untersuchungshaft des Schülers Marco Weiss aus Uelzen. "Marco-Schock", schrieb die Tageszeitung Hürriyet nach der Ausstrahlung des Films "Marco W. - 247 Tage im türkischen Gefängnis".

Marco Weiss bei der Premiere des Films "Marco W. 247 Tage im türkischen Gefängnis". (Foto: dapd)

Mehrere Zeitungen berichteten, der von Sat.1 am Dienstagabend gezeigte Film erinnere an das Gefängnisdrama "Midnight Express" ("12 Uhr nachts" aus dem Jahr 1978). Für den Film hätten sich die Macher später entschuldigt.

Auch der frühere Tourismusunternehmer und SPD-Europaabgeordnete Vural Öger, der sich in Verhandlungen für die Freilassung Marcos eingesetzt hatte, kritisierte den Film scharf. "Ich bin sehr wütend. Ich protestiere gegen diesen Film", sagte Öger der Zeitung Hürriyet zufolge. Marcos Vater habe ihn um Hilfe gebeten, sagte Öger.

Er habe dann den angeklagten Jugendlichen im Gefängnis besucht. Dort sei es nicht wie im Film schmutzig gewesen. Es habe fließendes Wasser gegeben. Marco habe sich ihm gegenüber nicht über die Haftbedingungen beschwert. Er habe über die Dauer der Untersuchungshaft geklagt. "Was denken die sich. Denken sie, dass die Türkei eine Bananenrepublik ist?", fragte Öger.

Marco war im April 2007 im Alter von 17 Jahren in seinem türkischen Urlaubshotel festgenommen worden. Er wurde angeklagt, eine 13-jährige Britin missbraucht zu haben. Er selbst sprach von einvernehmlichen Zärtlichkeiten.

Marco konnte im Dezember 2007 nach Deutschland ausreisen, sein Prozess endete in seiner Abwesenheit mit einer Bewährungsstrafe. Später stellte die Staatsanwaltschaft Lüneburg die Ermittlungen wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs eines Kindes gegen Marco mangels Beweisen ein.

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