Zeitschriften für Ja-Sager:Großes Aufgebot

Zeitschriften für Ja-Sager: Der Klassiker und die Neue: Hochzeit (5,90 Euro) erscheint seit 1968; Elle Hochzeit (9,80 Euro) seit März.

Der Klassiker und die Neue: Hochzeit (5,90 Euro) erscheint seit 1968; Elle Hochzeit (9,80 Euro) seit März.

(Foto: Promo)

Hochzeitsmagazine liegen im Trend, denn in Deutschland wird so viel geheiratet wie lange nicht. Für jeden Geschmack und Geldbeutel ist ein Heft dabei. Nun geht auch "Elle Hochzeit" von Burda in Serie.

Von Elisabeth Gamperl

Der Heiratsantrag war in alten Filmen der Höhepunkt einer jeden Liebesbeziehung. Das ist vorbei: Heute ist er nur der Beginn von etwas noch viel Größerem, jedenfalls scheinen es die Magazinmacher des Burda-Verlags so zu sehen. Nach dem Antrag beginnt die Suche nach dem Brautstrauß, der Location, der Torte - und offenbar auch die Zeit, in der man gut Hefte wie Elle Hochzeit verkaufen kann. Erklärtes Ziel des neuen Magazins ist die ganz große Hochzeitsshow, ein rauschendes Fest, auf dem sich alles, aber auch wirklich alles um die Braut und ihren Traumprinzen dreht. Nach dem zuletzt gegründeten Reisemagazin Elle Traveller ist Elle Hochzeit die nächste Zeitschrift des Verlags rund ums schöne Leben: Sie erscheint nach einem Testballon im Frühjahr künftig zwei Mal jährlich in einer Auflage von je 80 000 Exemplaren.

"Heiraten ist die kleine Flucht", sagt die "Elle"-Chefin. Mit "Elle Hochzeit" leistet sie Fluchthilfe

Rund ums Heiraten hat sich ein riesiger Markt entwickelt: Kleider, Ringe, Torten, Blumen, Lokalitäten und Karten in den verschiedensten Formen, Farben und vor allem Preisklassen. Im Fernsehen planen Pärchen ihre Traumhochzeit, suchen in Sendungen wie Brautalarm bei Sixx oder Zwischen Tüll und Tränen auf Vox nach dem idealen Kleid. Zeitschriften wie Weddingplaner, Braut & Bräutigam Magazin oder Hochzeit geht es wirtschaftlich vergleichsweise gut. Zur Fülle an Magazintiteln im Kioskregal kommen unzählige Blogs im Internet, die Heiratswilligen Tipps und Tricks liefern.

Mit knapp 10 Euro ist Elle Hochzeit etwas teurer als die Konkurrenzblätter und auch die auf den 150 Seiten vorgestellten Accessoires, Bestecke und Flitterwochen sind nichts für Geringverdiener. Dünne, junge Models stehen in Spitzenkleidern und mit Blumenkränzen gekrönt am Strand, zur Abwechslung werden auch mal Sneakers zum Brautkleid kombiniert, um auch die coole Großstadtfrau abzuholen. Andere Magazine zeigen auch die Schattenseiten des Märchenbrautdaseins auf: Die Zeitschrift Hochzeitsplaner empfiehlt eine Anti-Aging-Mixtur gegen Falten zum Trinken, Mein Brautkleid den Drink für den Kater am Tag danach.

Das traditionelle Familienbild, zu dem auch eine Hochzeit in Weiß gehört, kommt offenbar nicht aus der Mode. Erstmals seit der Jahrtausendwende heiraten wieder mehr als 400 000 Paare im Jahr. "Heiraten ist die kleine Flucht", sagt Elle-Chefredakteurin Sabine Nedelchev, die sich mit Elle Hochzeit als Fluchthelferin nützlich macht. Überall gehe es heutzutage um Karriereleiter, Digitalisierung und um das schnelle Leben. Da sei ein gewisser Hang zu Eskapismus und Tradition nachvollziehbar, sagt sie: "Es ist angenehm, ein Jahr mit der Planung einer schönen Hochzeit zu verbringen." Zumindest, wenn man sich das leisten kann.

Wer heute heiratet, lässt sich Zeit. Das Heiratsdurchschnittsalter stieg laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung von 23,2 Jahren bei Frauen und 25 bei Männern im Jahr 1960 auf derzeit knapp 30 Jahren bei Frauen und 32,5 Jahren bei Männern - auf ein Alter also, in dem man für das Fest der monogamen Paarbeziehung schon ein bisschen was springen lassen kann. Die Hochzeitshefte präsentieren, was für welches Budget möglich ist, sie sind Weddingplaner in gedruckter Form: "Es gibt richtig viele Arten, eine Hochzeit auszurichten", sagt Marina Litterscheidt, die Chefredakteurin von Hochzeit. Ihr Heft - die aktuelle Ausgabe ist 400 Seiten dick - ist eher nichts für Hipster, sondern richtet sich an bodenständige Frauen. Neben Festkonzepten wie "Mädchentraum" im Lipizzaner-Stall kommen in Hochzeit auch Trachtenfans zu ihrem Recht.

Hochzeit gibt es seit fast 50 Jahren und ist damit Deutschlands ältestes Heiratsmagazin, seit 15 Jahren wird es von Litterscheidt geleitet. In den letzten Jahren habe sich viel verändert, sagt die Chefredakteurin. "Zum Beispiel ist Selbermachen wieder total hip." Ihr Magazin erscheint sechs Mal jährlich mit einer jeweiligen Auflage von rund 76 000 Exemplaren. Hochzeitsmagazine haben Hochkonjunktur im Herbst und Winter, wenn die Vorbereitungen für das Fest im Sommer beginnen und die Hefte entsprechend dick sind. "Unsere Leser starten meist mit der November-/Dezemberausgabe und enden mit jener im Sommer", sagt Litterscheidt. Im Schnitt kaufe sich ein Brautpaar vier Ausgaben von Hochzeit. Das Magazin begleitet die beiden also bis zum Hochzeitstag.

Auch wenn die Hefte ab und an auch den Männern in die Hände fallen und Elle Hochzeit deren Outfit sogar zwei Doppelseiten mit Manschettenknöpfen, Fliege und Hosenträgern widmet - eins muss klar sein: "Keine Frage, die Braut gibt mit ihrem Kleid den Ton an." Wobei die Braut selbst letztlich auch Statistin ist: Hauptdarsteller ist das Kleid. "Mit ihm steht und fällt die Hochzeit", sagt Litterscheidt. Deshalb strahlt es weiß von den Titelseiten; das Magazin Hochzeitsplaner verspricht seinen Leserinnen "das perfekte Brautkleid für dein Sternzeichen", den Schleiercheck finden Heiratswillige im Braut & Bräutigam Magazin, und Hochzeit verlost ein Brautkleid als Dankeschön für "die beste Love-Story". Auch bei der Finanzierung der Magazine ist das Kleid von wesentlicher Bedeutung: 85 Prozent der Anzeigen in ihrem Magazin stamme von Brautmodenanbietern, sagt Hochzeit-Chefredakteurin Litterscheidt.

Selbst wenn das Hochzeitskleid irgendwann auf Ebay Kleinanzeigen landet und das Hochglanzmagazin im Altpapier - ein Wiedersehen ist nicht ausgeschlossen. Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Wer weiß, wann der Tüllrausch wieder losgeht.

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