Markus Lanz hat gekämpft - nun ist es vorbei: Nach 33 Jahren stellt das ZDF "Wetten dass...?" ein. Der Moderator verkündete das Aus der Show am 5. April - ganz am Ende der Sendung aus Offenburg. Wir blicken zurück auf die größten Momente der Samstagabendsendung, die lange als Europas erfolgreichste Fernsehshow galt.
Eine schlaflose Nacht, ein Showmaster und eine gute Idee: Frank Elstner zufolge war das die Geburtsstunde von "Wetten, dass..?". Der heute 71-jährige Radio- und Fernsehmoderator erfand die Show 1981 und moderierte sie 39 Mal - bis 1987.
Frank Elstners (links) erster Nachfolger wurde Thomas Gottschalk (Mitte), damals 37 Jahre alt. Vor allem mit seinem Gesicht und seiner extravaganten Garderobe verbinden Millionen deutsche Fernsehzuschauer die Samstagabendshow. Zwischendurch hatte Gottschalk kurz keine Lust mehr: Von 1992 bis 1993 übernahm Wolfgang Lippert (rechts) das ZDF-Flaggschiff. Bild: Die drei Moderatoren posieren gemeinsam zum 20-jährigen Jubiläum von "Wetten, dass..?" im März 2001.
Lippert, ein gebürtiger Ost-Berliner, moderierte die Wettshow neun Ausgaben lang. Bis Thommy es sich wieder anders überlegte...
Gottschalk moderierte die Sendung bis 2011 - insgesamt 151 Mal. Vom Schottenrock (kreiert von der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood) im Jahr 2000...
...bis zum Rosen-Jackett war bekleidungstechnisch eigentlich alles dabei.
Gottschalk ist berüchtigt dafür, modisch keine Tabus zu kennen. Aber als Harald Schmidt 1998 in der Sendung in Frankfurt seine behaarte Männerbrust aus einem knallengen Glitzer-Overall reckte, konnte selbst Gottschalk nicht mehr hinschauen. Trotz gewonnener Wette glitt Schmidt auf Rollschuhen in einem hautengen Renndress durch den Saal.
33 Jahre lang brachten Elstner, Gottschalk, Lippert und schließlich Lanz Menschen dazu, absurde Wetten anzubieten. Wie Tim Vetter aus Bayern, der Wasser mit seinem Hund um die Wette schlabberte. Im Laufe der Zeit wurden auch noch die Kinderwette und die Stadtwette eingeführt.
Auf der Couch beim Moderator saßen die Promis (im Bild von links nach rechts: Sylvester Stallone, Christiane Hörbiger und Gérard Dépardieu). Die fungierten als Wettpaten und mussten tippen, ob es der Wettkandidat schafft oder nicht. Lagen sie falsch, wurde ein vorher vereinbarter Wetteinsatz fällig.
Bei den Saalwetten musste auch der Moderator mitwetten. Verlor er eine, musste er genauso Wettschulden einlösen wie seine Gäste. Gottschalk war sich für wenig zu schade: dirigieren auf dem Münchner Oktoberfest, als Nikolaus verkleidet ein Bordell besuchen, sogar im Bundestag wäre er beinahe aufgetreten. In besonderer Erinnerung dürfte den meisten Zuschauern dieser pampige Wetteinsatz von 2008 in Erinnerung geblieben sein: Thomas Gottschalk wird in Senf getunkt. Naheliegend - die Sendung fand schließlich in der Bratwurststadt Nürnberg statt.
Doch auch viele Kandidaten machten sich in der Show bereitwillig zum Affen. So hatte sich Köbi Schwitter ausgedacht, dass er Lkw-Reifen durch Aufblasen zum Platzen bringen könnte. Schwitter hat sich da vertan, kein Reifen platzte - und dennoch wurde er vom TV-Publikum zum Wettkönig gewählt.
Oder Franz Bierbaum: Er tat kund, innerhalb von 2,5 Minuten 50 Wiener Telefonbücher zu zerreißen. Er gewann und Wettpate Phil Collins, der daneben getippt hatte, musste "Groovy Kind of Love" für eine Frau, die Geburtstag hatte, singen.
Die wohl bekannteste Wette ist eine gemogelte: Denn Titanic-Redakteur Bernd Fritz behauptete 1988, die Farbe der Buntstifte an deren Geschmack erkennen zu können. Er hatte sich unter dem Pseudonym Thomas Rautenberg in die Sendung eingeschleust. Doch Fritz hatte unter der Brille hindurchgelinst. In der darauffolgenden Show nahm Gottschalk den Schwindel nochmal auf und meinte über den Redakteur des Satiremagazins: "Das hätte er auch einfacher haben können. Ein Satz hätte genügt. Was macht er stattdessen? Schreibt 14 Seiten in einer Zeitschrift, die keiner liest."
Die spielerische Atmosphäre lockerte die Stimmung auf dem Sofa üblicherweise schnell auf. Da wagt Komiker Otto Waalkes schon mal einen Blick ins Dekolleté von Verona Feldbusch, heute Pooth (1998)...
...oder Steffi Graf massiert dem Moderator bei heruntergelassener Hose das Knie (1997).
Die Sendung wurde auch zum Entwicklungsstudio für eine neue Show. Denn 2003 versprach Stefan Raab, er würde im Fall einer verlorenen Wette mit einem Wok eine Bobbahn hinunterfahren. Er gewann die Wette, fuhr die Bahn trotzdem mit einem Wok herunter - und so entstand seine Dauerwerbesendung Wok WM.
Auch der Sport kam in der Show auf seine Kosten. Bei der 135. Ausgabe von "Wetten, dass..?" im Jahr 2002 wurde der Schweizer Kurt Rothenfluh mit seiner Fußballwette Wettkönig, obwohl er diese knapp gegen drei Profi-Fußballer verloren hatte. Im Bild von links: Moderator Thomas Gottschalk, Kurt Rothenfluh, Stefan Effenberg, Matthias Zimmermann und Thomas Häßler.
Die wahrscheinlich aufwändigste Sendung fand 1991 im Amphitheater in Xanten statt. Als Gäste waren Showgrößen wie Rudi Carrell, Gunther Emmerlich und Pit Weyrich eingeladen.
Im Sommer verlegte Thomas Gottschalk "Wetten, dass..?" auf die Lieblingsinsel der Deutschen, nach Mallorca. Auch "Poptitan" Dieter Bohlen feierte mit.
Einen Jeep in drei Minuten zusammenbauen - diese Wette klappte. Und man fragt sich, ob diese Jungs nicht vielleicht irgendwo eine Werkstatt haben. Denn bei denen käme eine Autoreparatur wirklich günstig.
Auch Pamela Anderson verlor 2000 eine Wette - und musste bei der Sendung in Leipzig einen Trabi waschen, natürlich mit Bikini-Oberteil bekleidet.
Ein Grund für die vielen Zuschauer der Sendung waren auch die musikalischen Gäste. Die höchsten Einschaltquoten in der Geschichte von "Wetten, dass..?" bescherte der King of Pop. 1995 präsentierte Michael Jackson in Duisburg seinen "Earth Song". 17,86 Millionen Zuschauer sahen damals zu, ein Marktanteil von 52 Prozent. Die einzige Frage, die Gottschalk stellte ("Do you like Germany?"), bescherte ihm Hohn von seinem Kollegen Günther Jauch: "Toll, dein Interview. Jetzt wissen wir alles über Michael Jackson."
Nackt oder nicht nackt - das war die Frage bei Sarah Connors Auftritt im Januar 2002. Sie trug ein im Scheinwerferlicht transparent wirkendes Kleid. Die Empörung war groß, die Werbung für ihre neue Platte wohl gelungen.
Mit Michelle Hunziker holte sich Thomas Gottschalk im September 2009 einen besonderen Sidekick in die Show. Und tatsächlich schaffte es die Schweizerin, die Sendung aus dem damaligen Quotentief zu holen. Die Zusammenarbeit währte aber nicht lange.
In der Dezember-Sendung 2010 verunglückte der Wettkandidat Samuel Koch bei dem Versuch, mit Sprungstelzen über ein fahrendes Auto zu springen. Der frühere Kunstturner erlitt Verletzungen an der Halswirbelsäule und am Rückenmark und ist heute vom Hals an fast vollständig gelähmt. Nach diesem Vorfall wollten sowohl Gottschalk als auch Hunziker die Show nicht mehr weitermoderieren. Für ihn liege ein "Schatten" auf der Sendung, sagte Gottschalk damals. Samuel Koch, heute 26, sitzt seit seinem Unfall im Rollstuhl. 2012 hat er zusammen mit Gottschalk seine Autobiographie "Zwei Leben" vorgestellt. Im vergangenen Februar schloss er eine Schauspielausbildung in Hannover ab.
Für Gottschalk und Hunziker übernahm - nach einer längeren Pause - der ZDF-Talker Markus Lanz. Er moderierte "Wetten, dass..?" seit Oktober 2012. Michelle Hunziker kehrte noch einmal als Co-Moderatorin zurück: Im Dezember 2013 führte sie mit Lanz durch die Sendung und löste damit eine Wettschuld ein.
Doch der 45-jährige Lanz konnte den alten Glanz von "Wetten, dass..?" nicht mehr zurückholen. Anderthalb Jahre zeigte die Quotenkurve nur nach unten, und mit ihr nahm auch die Popularität des Südtirolers ab. Für ihn dürfte die Rückzugsentscheidung, die er und das ZDF nach der Mitteilung vom Samstag gemeinsam trafen, ein Befreiungsschlag sein. Im Bild: Lanz und die Schauspielerin Cameron Diaz in der viertletzten Ausgabe der Show, die am 5. April in Offenburg stattfand.