ZDF: Telekom und Obermann:Szenen einer Ehe: Illner nimmt TV-Auszeit

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Als Nachrichtensprecherin Unangenehmes über den eigenen Mann zu verkünden, ist heikel. Da sagte Maybrit Illner am Montag beim "heute-journal" lieber ab.

Christina Maria Berr

Sie ist selbstbewusst und scheut nicht vor öffentlichen Selbstgesprächen zurück. In einem Interview, das sich die Nachrichtenfrau für sueddeutsche.de selbst gegeben hat, erklärt sie genau, worum es in ihrem Job geht: "Die Aufgabe des Journalisten ist es, Informationen zu sammeln, aufzubereiten, zu werten, verständlich zu vermitteln, damit die Menschen eine bessere Grundlage für ihre Entscheidungen haben - als Privatperson, Verbraucher und Steuerzahler."

Ein prominentes Paar mit Interessenkonflikt: Telekomchef René Obermann und ZDF-Moderatorin Maybrit Illner. (Foto: dpa)

Von persönlichen Befindlichkeiten der Nachrichtensprecher steht da nichts. Das hat Illner wohl vergessen. Am gestrigen Montag stellte sie ihre persönlichen Interessen vor die nachrichtlicher Berichterstattung - und sagte ihre Moderation der ZDF-Nachrichtensendung heute-journal kurzerhand ab. Der Grund: Sie hätte kommunizieren müssen, was in ihrem eigenen privaten Umfeld passiert war. Denn eine - durchaus relevante - Meldung lautete, die Privaträume des Telekom-Chefs René Obermann seien durchsucht worden - es geht um Vorwürfe gegen die ungarische Firmentochter Magyar Telekom aus dem Jahr 2005. Maybrit Illner ist seit einem Monat mit Obermann verheiratet. Man braucht also nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass auch Illners Schreibtisch durchwühlt wurde.

Die Wirtschaftswoche hatte zuvor exklusiv berichtet, dass Schmiergelder in Millionenhöhe an Regierungsbeamte geflossen sein sollen, um bei der Regulierung des Marktes und bei der Vergabe von Mobilfunklizenzen Vorteile zu bekommen.

Davon wiederum hätte Illner am Montagabend künden müssen - und so viel Objektivität ging ihr offenbar zu weit. Stattdessen musste Claus Kleber ran, der an dem Montag eigentlich seinen freien Tag hatte.

Gesprochen hat allerdings Ko-Moderatorin Gundula Gause: "Die Staatsanwaltschaft Bonn hat Büros in der Telekom-Zentrale und Wohnungen von acht Managern der Telekom durchsucht, darunter auch die von Konzernchef Obermann. Dies geschah schon Ende August im Auftrag der US-Börsenaufsicht und des US-Justizministeriums wegen Verdachts der Beihilfe zur Bestechung bei osteuropäischen Telekom-Töchtern vor fünf Jahren", erklärte sie.

Am linken Bildrand tauchte Klebers Hand auf, durchaus angespannt, die Finger drückte er kurz in die Tischplatte. Gause berichtete weiter, Vorstandschef Obermann war damals Chef der internationalen Mobilfunksparte der Telekom. Er bestreite die Vorwürfe und sehe kein Fehlverhalten. Das war es dann auch schon wieder.

Illners Kollegen waren also zurückhaltend in der Berichterstattung. Die Nachricht wurde zwar neutral vorgetragen, man hätte aber durchaus länger und eher am Beginn des heute-journals berichten können. Dort aber ging es lang und breit um den Vergewaltigungsvorwurf und den Prozess um ARD-Wettermoderator Jörg Kachelmann. Ein Thema, über das wiederum die ARD eher minimalistisch berichtet, in den gestrigen Tagesthemen kam Kachelmann überhaupt nicht vor. Auch Obermann war kein Thema, die Meldung hatte die ARD wohl noch nicht erreicht.

Im Fall Illner wiederum erklärte man beim ZDF, dass Maybrit Illner selbst vorgeschlagen hatte, nicht zu moderieren: "Sie will vermeiden, dass auch nur der Anschein entsteht, dass Art und Umfang der Berichterstattung mit ihrer persönlichen Situation zu tun haben könnten", so ein Sprecher. Illner selbst wollte dazu nichts sagen. Die Moderatorin, die gerade erst in das Team des heute-journals eingestiegen war, hatte offenbar einen Sinneswandel.

Zum Amtsantritt beim Flaggschiff des ZDF hatte sie der Nachrichtenagentur dpa verkündet: "Wenn da irgendetwas geschieht, was im Zusammenhang mit der Firma meines Mannes steht, dann wird das vermeldet. Und das wird mein Mann dann bestimmt auch nicht persönlich nehmen." Diese Worte sind Vergangenheit.

Dabei hätte Maybrit Illner am Montag gar nichts sagen müssen. Vielleicht hätte sie so wie Kleber ein bisschen die Hand nervös ins Bild gehalten. Aber das hätte sie vermutlich ganz gut hinbekommen - angesichts der privaten Glücks.

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