Süddeutsche Zeitung

Schwarzwaldkrimi im ZDF:Von Mythen und Mördern

Jessica Schwarz ermittelt mit Max von Thun zwischen Fichten, Tannen und Geistern aus der Vergangenheit. Allein wegen der Kommissarin würde sich eine ZDF-Reihe lohnen.

Von Kathrin Hollmer

Es war nur eine Frage der Zeit: Nach dem Grimmepreis-ausgezeichneten Spreewald- und dem phasenweise etwas seichten Taunuskrimi (nach den Romanen von Nele Neuhaus) legt das ZDF jetzt einen weiteren Waldkrimi vor und setzt auf bewährte Mittel: Fichten und Tannen im Nebel, historische Rückblenden und eine verschachtelte Handlung, die immer rechtzeitig neue Rätsel aufgibt. Regisseur Marcus O. Rosenmüller und Autorin Anna Tebbe arbeiten beim Taunuskrimi seit der dritten Folge in den meisten Episoden zusammen. Aus der Reihe läuft in diesem Jahr zum ersten Mal keine neue Folge.

Im Schwarzwaldkrimi ermitteln Jessica Schwarz als Maris Bächle und Max von Thun als Konrad Diener. Die beiden leiten die Mordkommission in Freudenstadt, so richtig gut findet das aber keiner von ihnen. Bächle arbeitet lieber allein. Als Kind wurde sie in einer Höhle gefunden, in Anspielung auf Kaspar Hauser, das bekannte Findelkind aus der Biedermeierzeit, wird sie "die Hauser" genannt. Diener, der für den Job samt Familie und Lastenfahrrad aus Hamburg in die Provinz gezogen ist, muss sich vor seiner Frau rechtfertigen, dass er die Mordkommission nicht allein leiten darf.

Die Rollen im Ermittlerteam sind klar und klassisch verteilt. Sie ist für die Ortskenntnis zuständig, er für den Blick von außen, aber auch, Diener sagt das einmal überdeutlich: "Du fürs Gefühl, ich für die Fakten." Sie arbeitet intuitiv, er nach Protokoll. Schon am ersten Tatort liest Bächle Spuren im Wald und verweist auf regionale Mythen. Im Elfentalsee, in dem die Leiche einer jungen Frau treibt, gebe es der Legende nach Geister, sagt sie: "Weckst du sie auf, ziehen sie dich mit ihren langen Armen in die Tiefe."

Mörder und Motiv verbergen sich aber weder im See noch im Wald, sondern weit zurück in der Vergangenheit. Der emeritierte Professor Hans Katrein erinnert sich nach einer Augenoperation, wie er als Kind während der französischen Besatzung vom Ortsvorsteher Natterer gezwungen wurde, mit verbundenen Augen per Auszählreim "Ene, mene, muh" Frauen auszuwählen, die den Besetzern ausgeliefert werden.

Diese Rückblenden leben von den Kohlezeichnungen von Köhlersohn Katrein, Redundanzen sorgen allerdings für Längen in dem komplexen Zweiteiler. Auf der zweiten Zeitebene erfährt man, wie Natterer und seine Freunde mit den Franzosen verhandelten und sich Vorteile verschafften. Bis heute sind die Natterers eine einflussreiche Bürgermeisterfamilie. Nun holt die Vergangenheit die Beteiligten von damals ein: Die Tote ist die Enkelin Natterers und nicht das erste Racheopfer.

Bis auf Fotos von Bollenhüten, Kuckucksuhren und "Weggle" gibt es im Krimi kaum Lokalkolorit. Atmosphärische Bilder lassen hinwegsehen über teils übertriebene Nebelmaschineneinsätze und Plattitüden wie Dieners streikendes Navi (man ist ja in der Provinz).

Die Besetzung stimmt bis in die Nebenrollen, vor allem Rüdiger Vogler als Katrein überzeugt. Neben Jessica Schwarz bleibt Max von Thun etwas blass. Auch ihre Figur - Teil zwei behandelt Bächles Vergangenheit - ist spannender und nuancierter als die ihres Partners. Gut vorstellbar, dass das ZDF eine Reihe daraus macht, allein wegen "der Hauser" wäre das wünschenswert.

Und tot bist du!, ZDF, Montag und Mittwoch, 20.15 Uhr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4400025
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.