ZDF-Reihe "Frauen, die Geschichte machten":Das ZDF entdeckt, dass es Frauen gibt

Bildungsfernsehen mit fliegendem Haar: Die neue Dokudrama-Reihe "Frauen, die Geschichte machten" erzählt von historischen Frauenfiguren in sechs Teilen auf guten Sendeplätzen. Inklusive Orgien mit hübschen Mädchen.

Von Claudia Tieschky

Das ZDF war auf Führungsebene eigentlich immer ein Jungeninternat, und das merkte man auch. Als der Sender vor ein paar Jahren die Reihe Die Deutschen als wichtigstes Bildungsprogramm sendete, kam in den 20 Folgen der zwei Staffeln nur eine einzige Frau vor, Hildegard von Bingen, Jahrgang 1098.

Gut neunhundert Jahre später fängt 2014 nun immerhin eine Verwaltungsdirektorin in Mainz an. Um Karin Brieden zu bekommen, ließ man andere Interessenten links liegen. Und demonstrativ wird die kleine Mainzer Männerwelt jetzt auch im Programm erweitert mit der prominent platzierten Dokudrama-Reihe Frauen, die Geschichte machten. Nach Ansicht des ZDF sind das: Kleopatra, Jeanne d'Arc, Elisabeth I., Katharina die Große, Königin Luise und Sophie Scholl.

Da fliegt viel langes Haar im Wind, die Heldinnen sind schön und jung, dargestellt von Schauspielerinnen wie Pegah Ferydoni, die als Kleopatra auch eine tolle Katzenschnute zieht und programmatische Sätze spricht wie: "Ich bin niemandes Beute." Keine zergrübelte Historikerstirn stört das ästhetische Konzept, die Heldinnen erzählen ihre Geschichte in Ich-Form gleich selbst. Es sieht aus wie Spielfilm (und tatsächlich gibt es über mehrere der Protagonistinnen berühmte Spielfilme), trotzdem ist es dem eigenen Anspruch nach Bildungsfernsehen treu. "Unser Bestreben ist es immer, ähnlich wie in der BBC, Themen in neue Formen zu gießen", erklärt der für die Reihe verantwortliche ZDF-Mann Peter Arens. Erzählt werde nach historischen Quellen und "nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit".

Es wird gefühlig erzählt und für den Rest ins Netz verwiesen

Vermutlich deshalb laufen die sechs Teile auf den guten Sendeplätzen, auf denen auch Die Deutschen kamen, am Sonntag- und am Dienstagabend. Die Deutschen war eine Koproduktion der Abteilung Zeitgeschichte von TV-Historiker Guido Knopp und der damals von Arens geleiteten Hauptredaktion Kultur und Wissenschaft. Arens ist nach Knopps Ausscheiden im Frühjahr sehr geräuschlos zum Kulturchef des ZDF aufgestiegen. Die Zeitgeschichte hat er jetzt unter und nicht mehr neben sich.

Über den 52-jährigen Arens kann man mit guter Quellenlage erzählen, dass er Geschichte liebt, vor allem die mittelalterliche, aber vielleicht fast genauso das unterhaltsame Kulturfernsehen, das die britische BBC betreibt, an der sich das ZDF gerne orientiert. Er gehört auch zu denen im Sender, die auf dem Fußballplatz sportlich gegen das Team von der BBC antreten.

Frauen, die Geschichte machten sagt auch einiges über den Wandel im Fernsehen - jenseits des Männerfrauendings im ZDF. Denn die Aufgaben des Films verschieben sich. Es gibt das Internet im Hintergrund und sozusagen als Ort für die Fußnoten. Das Programm muss nicht mehr alle Fakten liefern, es darf gefühlig erzählen und für den Rest ins Netz verweisen, wo auch zu dem aktuellen Großprojekt viel zu finden ist. Die Kleopatra-Folge leistet sich gleich ein paar Orgien mit hübschen Mädchen, natürlich nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit.

Frauen, die Geschichte machten, ZDF, immer sonntags, 19.30 Uhr, und dienstags, 20.15 Uhr.

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