ZDF-Neo-Show:Humankapital

99Fire-Film-Award 2017

Jochen Schropps neueste Sendung trägt den heiklen Titel "Bist Du 50 000 Euro wert?"

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Mit "Bist du 50 000 Euro wert?" hat sich der Spartensender an ein lobenswertes Sozialexperiment gewagt. Neben dem üblichen Castingshowsprech war sogar Raum für eine offene Debatte. Nur Moderator Jochen Schropp patzte.

Von Hans Hoff

Irgendwann mittendrin hörte die Jury von Moderator Jochen Schropp den falschesten aller falschen Sätze. "Ihr müsst entscheiden: Wer ist keine 50 000 wert?" Moment mal. Richtig gehört? Hat der gerade wirklich gefragt, welcher von den Kandidaten keine 50 000 Euro wert ist? Hat er.

Darauf muss man erst einmal kommen, in einem Auslesewettbewerb den ausgeschiedenen Teilnehmern zu bescheinigen, dass sie keine 50 000 Euro wert sind. Dabei hätte man solch eine Falle doch leicht vorab erkennen können, wenn man sich schon mit einem heiklen Titel wie Bist Du 50 000 Euro wert? auf Sendung wagt. Es ist eben etwas anderes, ob man einem Menschen einen Wert zubilligt oder ihm just diesen aberkennt. Aber wenn man gewohnt ist, Worte auf die Goldwaage zu legen, engagiert man wahrscheinlich auch keinen Gebrauchsansager wie Jochen Schropp.

Es war ein böser Ausrutscher in einer ansonsten lobenswerten Sendung, die auf den ersten Blick daherkam wie eine Mischung aus Bares für Rares, Hart aber fair und DSDS. Doch die optischen und strukturellen Stilelemente dieser Shows bildeten nur die Kulisse für die Juroren-Gespräche, in denen es vor allem um die Frage ging, welche Vorurteile man bildet, wenn man nur wenige Sätze von einem Menschen hört. Wie zweifelhaft ist es, wenn man jemanden aufgrund kurzer Stellungnahmen klassifizieren und in jeder Runde einen von sechs Teilnehmern rauswählen muss?

Natürlich gab es da den üblichen Castingshowsprech wie "hat mich geflasht" oder "Es hat einfach nicht gereicht". Aber das wurde bei den Juroren mehr als ausgeglichen durch Momente der Verunsicherung, durch Meinungsschwankungen, durch Offenheit für Argumente. Zwischendrin entwickelte sich gar eine offene Debatte, die sich wohltuend unterschied vom üblichen Schlagabtausch in Talkshows.

Mit fortschreitender Sendezeit trat zudem die Frage in den Hintergrund, ob irgendwer einen bestimmten Betrag wert ist. Ohne Probleme hätte man die im Titel hinterlegte Frage auch in "Wer kriegt den Job?" ändern und das Ganze als fingiertes Bewerbungsgespräch inszenieren können.

Solch ein auf 90 Minuten gedehntes Sozialexperiment sieht man im deutschen Fernsehen nicht alle Tage, weshalb man irgendwann geneigt war, die Sache mit dem Moderator zu verzeihen und anzuerkennen, dass da zumindest mal was gewagt wurde, ohne auf die Quote zu schielen.

Das war auch besser so, denn die Frage, ob die ZDF-neo-Sendung Bist Du 50 000 Euro wert? ihr Geld wert war, dürfte aus der Sicht von Quotenfetischisten klar beantwortet sein. Gerade mal 140 000 Zuschauer interessierten sich am Samstagabend für das Experiment.

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