"Der Mordanschlag" im ZDF:Ein schwarzes Loch deutscher Geschichte

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Kawert (Maximilian Brückner, vorne M.) ermittelt am Tatort des Anschlags auf Bankier Albert Wegner. (Foto: Gordon Muehle/ZDF)
  • Im April 1991 wird Detlev Rohwedder ermordet, Chef der Treuhand. Die Wahrheit hinter diesem Anschlag wird nie ganz aufgeklärt.
  • Der ZDF-Politthriller "Der Mordanschlag" orientiert sich an diesen historischen Ereignissen, baut die Handlung aber fiktiv um den Charakter des Bankiers Albert Wegner aus.

Von Peter Burghardt

Wer hat am 1. April 1991 Detlev Rohwedder ermordet, den Chef der Treuhand? Es war ein Scharfschütze, so viel steht fest, er traf aus 63 Metern Entfernung durch ein nicht kugelsicheres Fenster eines Hauses in Düsseldorf. Der erste Schuss tötete Rohwedder in seinem Arbeitszimmer, der zweite verletzte seine Frau, der dritte erwischte ein Regal. Abgegeben wurden die Schüsse aus einem benachbarten Garten, man fand dort unter anderem Patronen, einen Stuhl, ein Handtuch und ein Bekennerschreiben der RAF. Ein Haar ließ sich später dem RAF-Terroristen Wolfgang Grams zuordnen, aber war er es wirklich?

War es tatsächlich die RAF, und wenn ja, welche genau? Oder die Stasi? Oder Auftragskiller aus der Geschäftswelt einer Zeit, in der die DDR verramscht wurde?

Die Wahrheit wurde nie ganz aufgeklärt, das lässt Raum für allerlei Theorien

Dem Mysterium und den zugehörigen Intrigen der Wende widmet sich der ZDF-Zweiteiler Der Mordanschlag des Regisseurs Miguel Alexandre, Buch André Georgi. Rohwedder heißt in dem Politthriller Hans-Georg Dahlmann, großartig gespielt von Ulrich Tukur, auch andere Namen sind verfremdet. "Dieser Film orientiert sich an historischen Ereignissen, die Handlung ist fiktiv", so der Vorspann. Das gilt besonders für das teilweise etwas schlicht konstruierte Privatleben der Beteiligten im Film. Doch die Fiktion ist der Historie so nahe, wie es dem Film jenseits eines Dokudramas zuträglich ist. Zumal die Wahrheit nie ganz aufgeklärt wurde.

Das beginnt mit dem tödlichen Sprengstoffanschlag auf einen Banker, in Wirklichkeit Alfred Herrhausen. Fast am Ende stirbt dann zwischen den Gleisen des erfundenen Ortes Bad Gronau die RAF-Frau namens Bettina Pohlheim (Jenny Schily), die in dem Stück das Attentat auf Dahlmann plant, aber schließlich selbst nicht weiß, wer geschossen hat. Ob sie sich erschießt oder von der GSG 9 erschossen wird, ist auch nicht klar - wie im richtigen Leben beim Tod des RAF-Mannes Grams 1993 am Bahnhof von Bad Kleinen.

Dazwischen geht es also um die Ermordung eines Politmanagers, der den Ausverkauf ostdeutscher Staatsbetriebe in geregelte Bahnen lenken will und auf Gier trifft, auf Seilschaften, Ängste, Hass. Es war eine Zeit, als noch viel geraucht wurde und es gelbe Telefonzellen gab. Eine Späherin der RAF, genannt Sandra Wellmann (Petra Schmidt-Schaller) erschwindelt sich als Assistentin das Vertrauen des Opfers und lässt dafür ihren kleinen Sohn zurück. LKA und BKA machen eine erbärmliche Figur. Als skrupelloser Strippenzieher erscheint ein Frankfurter Wirtschaftsanwalt, der den Zuschlag für ein umkämpftes Chemie-Kombinat bekommt, es fällt der Name Leuna. Die Leuna-Affäre, man erinnert sich.

Das alles ist spannend und regt zu allerlei Theorien an. Es drängt sich der wohl beabsichtigte Eindruck auf, in ein schwarzes Loch deutscher Geschichte zu blicken. Der frustrierte BKA-Ermittler Andreas Kawert (Maximilian Brückner) vertritt die These eines Komplotts von Stasi und Absahnern. Andere reden von der "dritten Generation der RAF, perfekt ausgebildet" oder: "Vielleicht war's ja eine andere Gruppe von euch", wie ein Stasi-Mensch sagt, ehe auch er tot umfällt.

Der Mordanschlag, ZDF, Montag und Mittwoch, jeweils 20.15 Uhr, sowie in der Mediathek.

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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