ZDF-Krimidrama:In der Kälte

Tage des letzten Schnees

Szene aus "Tage des letzten Schnees" mit Kommissar Fischer (Henry Hübchen, r.).

(Foto: Marion von der Mehden/ZDF)

Eine Nacht, zwei Tote: Erfolgreiche Kriminalromane werden ja gern wie Massenware verfilmt. "Tage des letzten Schnees" aber berührt auf vielen Ebenen.

Von Kathrin Hollmer

Kirsten Eckert hat eben erfahren, dass ihre elfjährige Tochter Anna tot ist. Ihr Mann Lars hatte sie vom Eishockeytraining abgeholt. Es hatte noch mal geschneit, ein letztes Mal in diesem Winter. Auf dem Heimweg überschlug sich der Wagen Lars (Barnaby Metschurat) hat eine kleine Schramme an der Stirn, Anna ist tot.

Seine Frau Kirsten (Victoria Mayer) atmet schnell und schwer. "Ich hab ganz viel zu tun", sagt sie zu Kommissar Fischer (Henry Hübchen). "Ich bin gerade überhaupt nicht auf Besuch eingestellt, und außerdem, wo ist Anna?" Sie hält die Mütze ihrer Tochter in der Hand, so fest, als könnte sie sich daran festhalten.

Das Krimi-Drama Tage des letzten Schnees beginnt wie unter Betäubung. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jan Costin Wagner. In der Krimireihe ermittelt Kommissar Kimmo Joentaa in Finnland. In der Verfilmung heißt er Johannes Fischer, ist älter, die Handlung hat man nach Hamburg und Frankfurt verlegt. Wie Joentaa ist auch Fischer Witwer. Er kennt die Eckerts persönlich und steht ihnen bei, zunächst ist er die einzige Verbindung zwischen ihnen und einem zweiten Todesfall in dieser Nacht. Die Studentin Lisa Marin (Mercedes Müller) wird tot auf einer Bank gefunden. Verdächtig ist Markus Sellin (Bjarne Mädel), ein Banker, der eine Affäre mit ihr hatte und eine Wohnung für sie gekauft hat.

Wie das Buch ist auch der Film mehr als ein Krimi. Gelöst werden die zwei Fälle am Ende nur beiläufig, was das Ganze nicht weniger spannend macht. Die Stärke der Romanreihe liegt in den tiefen Einblicken in die Gefühlswelt seiner Figuren. Der Drehbuchautor Nils-Morten Osburg und der Regisseur Lars-Gunnar Lotz haben diese meisterhaft in einen Film übersetzt.

Er verhandelt das große Thema Einsamkeit. Sellin ist einsam in seiner Ehe, er bringt es nicht übers Herz, sich von seiner depressiven Frau (Christina Große) zu trennen. Nach dem Unfall glaubt sie ihrem Mann nicht, dass er einem anderen Auto ausweichen musste, und gibt ihm die Schuld. Und da ist Kommissar Fischer. Seine Frau ist vor einem Jahr gestorben, seitdem findet er kaum Schlaf, stattdessen fährt er mit dem Auto an die Küste und wartet, bis die Sonne aufgeht.

Die verschiedenen Zeitebenen sind klug miteinander verwoben. Manche Szenen, etwa als Kirsten den Schutzengel im Auto baumeln sieht, den ihre Tochter gebastelt hat, zu schreien beginnt und zum ersten Mal um ihre Tochter weinen kann, sind schwer auszuhalten. Die Kamera von Jan Prahl schafft berührende Bilder, die lange in Erinnerung bleiben, gerade die Hauptrollen sind hervorragend gespielt.

Erfolgreiche Kriminalromanreihen werden heute ja gern wie Massenware verfilmt. Tage des letzten Schnees ist aber als Einzelstück angelegt, das in Erinnerung bleibt.

Tage des letzten Schnees. ZDF, 20.15 Uhr, und in der Mediathek.

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