Süddeutsche Zeitung

Intendant über "Wetten, dass ..?"-Unfall:Der Vater, der Sohn und das ZDF

ZDF-Intendant Schächter plant, "Wetten, dass..?" fortzusetzen. Der verunglückte Kandidat bekam unterdessen erste Finanzhilfe vom Sender.

Christopher Keil und Claudia Tieschky

Das, was auf der Tagesordnung für den Freitag dieser Woche stand, machte sich zunächst sehr öffentlich-rechtlich aus. Da beschäftigte sich der ZDF-Fernsehrat zum Beispiel mit den Themen "Migration, Integration, Vielfalt". Gesprochen wurde auch über die "Filmförderpolitik des ZDF". Gesprochen hat aber dann einer unter "Verschiedenes", der sieben Tage geschwiegen hatte.

Eine dreiseitige Erklärung trug Markus Schächter, der Intendant des ZDF, dem Fernsehrat vor, in der es um den schweren Unfall in der 192.Wetten, dass..?-Sendung in Düsseldorf ging. Vergangenen Samstag verunglückte der 23-jährige Kandidat Samuel Koch bei dem Versuch, sich mit Sprungfedern über ein Auto zu katapultieren. Koch verletzte sich am Kopf und an der Wirbelsäule, die Ärzte befürchten dauerhafte Lähmungen an Armen und Beinen. Schächter teilte seinen "Bericht" in fünf Abschnitte.

Erstens lobte er das Verhalten aller direkt Beteiligten, also der Moderatoren Gottschalk und Hunziker, des Unterhaltungschefs Teubner und des Programmdirektors Bellut, die gemeinsam richtig entschieden, die Show abzubrechen. Zweitens betonte der Intendant den "hohen Sicherheitstandard" von Wetten, dass..? Er wies den Vorwurf zurück, das ZDF habe im Quotenkampf - vor allem mit RTL - an der Risikoschraube gedreht, und führte aus: "Es gab im Vorfeld keine Anzeichen dafür, dass Samuel Koch den Wettanforderungen nicht gewachsen sein könnte." (Bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gingen fünf Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung gegen ZDF-Verantwortliche ein. Bisher wird nicht gegen des ZDF ermittelt, die Staatsanwaltschaft geht von einem Alleinverschulden aus.)

Dritter Punkt war die Einberufung einer "Task Force", die den Fall "in allen Details, von der Einreichung der Wette bis zum Sturz" dokumentieren solle. Das ist offenbar auch ein Wunsch des Fernsehrates. Der Sicherheitsingenieur des ZDF werde von der Berufsgenossenschaft überprüft. Und Schächter kündigte ein unabhängiges Gutachten an, das den "Unfall und seine Ursache anhand der Kameraaufzeichnungen" beurteile.

Als Viertes wurde die intensive Betreuung der Eltern von Samuel Koch durch das ZDF geschildert. Schächter sagte, er und Gottschalk stünden in regelmäßigem persönlichen Kontakt zum Vater. Eine "beträchtliche Soforthilfe über die Unfallversicherung des ZDF" für den Kandidaten sei bereits angewiesen.

Im fünften und letzten Abschnitt beantwortete der ZDF-Intendant dann die Frage, wie es mit Wetten, dass..? weitergehe: "Tatsache ist, dass die nächste Ausgabe für 12. Februar in Halle an der Saale geplant ist. Ich wünsche mir, dass es mit der Sendung weitergeht und dass Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker weiterhin moderieren. Natürlich gehen wir nicht einfach zur Tagesordnung über. Wetten, dass..? wird sich verändern. Wir werden die Maßstäbe und Kriterien für die Auswahl der Wetten überprüfen und neu definieren."

Das hatte Thomas Bellut schon angekündigt. Der Programmdirektor ist gerade der eigentliche Krisen-Manager des ZDF. Bellut beabsichtigt, die internen Untersuchungen nach Abschluss zu veröffentlichen, sofern das rechtlich möglich ist. Und möglich ist ja beim Fernsehen und im ZDF vieles. So wird der frühere hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch offenbar bis zu seinem Dienstantritt als Vorstandsmitglied beim Baukonzern Bilfinger Berger am 1. März 2011 im ZDF-Verwaltungsrat bleiben. Koch hatte sich Ende August aus der Politik zurückgezogen.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2010/berr
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