"ZDF info" vervierfacht Marktanteil:Aufgespürt im digitalen Abseits

Er spielt zu 80 Prozent Wiederholungen, hat bloß 20 Mitarbeiter und die meisten Deutschen kennen ihn nicht. Trotzdem übertrifft der Spartenkanal "ZDF info" inzwischen Zielvorgaben, die einmal sehr ambitioniert waren. Ein Geheimnis des Erfolgs sind die vielen zeitgeschichtlichen Sendungen.

Hans Hoff

Wenn die großen Sender gerne wissen möchten, wohin ihre Marktanteile verschwinden, dann hilft es, einen Blick auf die Vielzahl der kleinen Konkurrenten zu werfen. Etwa auf ZDF info. Vor einem Jahr hieß der Digitalableger des Zweiten noch ZDF infokanal. Dann wurde am 5. September 2011 ZDF info draus, ein bisschen am Konzept geschraubt, und der Marktanteil hat sich seither vervierfacht: Im Juni lag er etwa 0,4 Prozent. Das ist nicht viel, aber viel mehr als vor zwölf Monaten - und auch viel mehr, als ZDF-Chefredakteur Peter Frey erwartet hatte, wie er sagt. "Verdoppeln" hatte er als Zielvorgabe ausgegeben. "Halten", lautet nun der aktuelle Imperativ.

Schmidt, Ley, Herzog von Windsor zu Besuch bei Hitler

Typische Sendung für ZDF Info: "Ein Date mit den Royals": Adolf Hitler verabschiedet den Herzog von Windsor nach seinem Besuch auf der Freitreppe seines Berghofes auf dem Obersalzberg. Ganz links der Dolmetscher Paul Schmidt und Reichsorganisationsleiter Robert Ley. Der Herzog war bis zu seiner Abdankung König Edward VIII.

(Foto: Scherl)

Erreicht haben Programmbereichsleiter Robert Bachem und seine 20 Mitarbeiter das mit einem Mix aus 80 Prozent Wiederholungen von Sendungen, die bereits beim ZDF, bei Phoenix und bei Arte gelaufen sind. Ungefähr die 20 Prozent dessen, was ZDF info zeigt, sind Neuproduktionen. Mehr geht nicht mit einem Etat von 15 Millionen, ungefähr der Hälfte dessen, was der andere Digitalkanal aus Mainz, ZDF neo, zur Verfügung hat.

Überall ist die Rede davon, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten einen Teil ihrer vielen Digitalkanäle wieder einstellen sollen. Davon wollen sie bei ZDF info freilich nichts wissen. Natürlich könnte es sie trotzdem irgendwann betreffen.

Auf drei Beinen hat es sich der Minisender bequem bemacht. Zum einen ist da der Bereich Modernes Wissen, dazu kommt alles, was mit Zeitgeschichte zu tun hat, sowie jene Themen, die sich unter dem Begriff Service summieren lassen. Ein bisschen verwundert hat Bachem, dass alles, was sich um Zeitgeschichte dreht, überdurchschnittlich gut angenommen wird. Die Wiederholungen der Sendung, bei denen Guido Knopps Handschrift zu spüren ist, erreichen besonders hohe Marktanteile in jungen Zielgruppen.

Trotz der demonstrativ zu Tage getragenen Zufriedenheit hat Peter Frey die Ziele bereits weiter gesteckt hat. "Wir wären gerne schon etwas bekannter", klagt der Chefredakteur, weiß aber dann auch aus der Not des versteckten Daseins im digitalen Abseits eine Tugend zu machen. "Der Kanal lebt davon, dass er entdeckt wird."

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