ZDF-Fernsehfilm:Ein ungebetener Gast

Tragikomisch, sentimental und doch hölzern: In "Mama geht nicht mehr" zieht eine krebskranke Frau bei der Familie ihrer Tochter ein - die ihre ganz eigenen Probleme hat.

Von Viola Schenz

Familie Beermann geht nicht gerade frohgemut durch den Tag. Steffi und Basti, die Eltern, streiten schon vor dem Frühstück. Auf Steffi (Mina Tander), die Lehrerin, warten später renitente Schüler und ein nörgelnder Direktor. Basti (Simon Schwarz), Orthopäde, wird von geschwätzigen Patienten genervt und ist damit dauerbeschäftigt, sein Verhältnis mit der Sprechstundenhilfe vor der Familie zu verheimlichen. Timo, der übergewichtige Teenager-Sohn, stillt seinen Frust mit Kartoffelchips, Gewaltvideos und Pornos und hat resigniert: "Dann werde ich eben Scheidungskind wie Sandro. Ist total cool, da kriegt man alles doppelt geschenkt zum Geburtstag."

In dieser Nicht-Idylle taucht plötzlich Steffis Mutter Karin (Mariele Millowitsch) auf - unfreiwillig: Pankreas-Karzinom lautet ihre Diagnose, die Ärzte geben ihr noch maximal ein Jahr. Karin, die auf eine erfolgreiche Karriere als Kinder- und Jugendärztin in Berlin zurückblicken kann, hat beschlossen, ihre letzten Monate bei Steffi und deren Familie im fernen Köln zu verbringen. Das Problem: Mutter und Tochter sind zerstritten, haben sich seit Jahren nicht gesehen, Enkel Timo (Erik Linnerud) wähnt seine Großmutter gar seit Jahren tot ("Wer is'n des?"). Steffi ist also wenig begeistert von der Ankunft ihrer Mutter ("Jetzt, wo es zu Ende geht, da tauchst du wieder auf, da brauchst du die Tochter!"). Sie macht ihr Vorwürfe, vor allem macht sie ihr klar, dass sie trotz unheilbarer Krankheit möglichst bald wieder gehen soll. Doch Karin will das Verhältnis zur Tochter kitten, sie bleibt. Mama geht nicht mehr heißt diese Tragikomödie denn auch.

Mama geht nicht mehr

Karin Glaser (Mariele Millowitsch) und Maik (Ingo Naujoks) in der Tragikomödie "Mama geht nicht mehr".

(Foto: Frank Dicks/ZDF)

Das Drama nimmt erwartungsgerecht seinen Lauf: Spannungen, Konflikte, mal tränenreiche, mal ergebnislose Aussprachen zwischen Mutter und Tochter, Großmutter und Enkel, Vater und Sohn, Ehemann und Ehefrau. Karin usurpiert die Küche und führt gesunde Ernährung ein; sie arbeitet in der Praxis des Schwiegersohns mit, baut ein vorbildliches Verhältnis zu Timo auf, dazwischen geht sie zur Chemo und leidet still unter den Nebenwirkungen. Im Alltag von Familie Beermann ändert sich alles, vieles davon zum Guten - was die Mitglieder mächtig irritiert.

Warum versucht man es nicht mal mit Subtilität? Warum wird der Zuschauer chronisch unterschätzt?

Eine nette Story, entworfen von den Drehbuchautoren Stefan Kuhlmann und Murmel Clausen (Regie: Vivian Naefe). Rätselhaft bleibt allerdings, warum die Verhältnisse so grob gezeichnet sind, warum man es nicht auch mal mit Subtilität versucht, warum das ZDF die Auffassungsgabe der Zuschauer permanent unterschätzt. Und warum es dramaturgischer Zufälle bedarf, um die Geschichte weiterzutreiben. So steht Timo grundlos in der Tür, als seine Mutter dem Vater offenbart, dass sie sich von ihm trennen will. Auch das Sentimentale darf nicht fehlen: "Ich war 'ne schlechte Mutter", gesteht Karin der Tochter im klärendsten aller Gespräche, mitten in der Nacht, neben der Toilette, über der sie gerade mit ihrer Chemo-Übelkeit hing.

Trailer "Mama geht nicht mehr"

Und so endet diese Tragikomödie - ebenfalls erwartungsgerecht - recht tragikomisch, aber hölzern.

Mama geht nicht mehr, ZDF, 20.15 Uhr.

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