Kleines Fernsehspiel des ZDF:Roboter auf der Flucht

HYPERLAND

Cee (Lorna Ishema, l.) und Meret (Gerti Drassl) schmieden einen Plan.

(Foto: Mario Sixtus/ZDF)

Die ZDF-Reihe "Dystopia" denkt die Gegenwart nur ein kleines Stück weiter.

Von Sophie Schroeder

Wenn sich eine zukunftsnahe Dystopie in heutigen Zeiten auf einmal ganz real anfühlt, liegt es nahe, dass sich Gedanken über finstere Wahrheiten, schmerzvolle Sehnsüchte und verpasste Chancen entwickeln - auf derart ungemütlich Weise präsentiert "Das kleine Fernsehspiel" die Filmreihe Dystopia, drei Spielfilme nehmen aktuelle technische und gesellschaftliche Entwicklungen als Ausgangspunkt für Geschichten, die bisweilen Angst auslösen, aber auch einen hohen Unterhaltungswert haben können.

Die Reihe startet mit dem experimentellen Science-Fiction-Film Vom Nachteil geboren zu sein. Der Roboter Elli (Lena Watson) in Gestalt eines jungen Mädchens, lebt mit einem Mann zusammen, den sie Papa nennt. Der Film suggeriert einerseits, aus der Perspektive eines kindlichen Androiden erzählt zu sein, gleichzeitig schließt er die Annahme, dass hinter dieser Perspektive ein Bewusstsein steht, aus. So wirft er die Frage auf, ob es schrecklich oder erleichternd ist, dass Elli nur ein seelenloser Speicher ist, der ungerührt ein Programm abspult. Denn der sogenannte Vater des Androiden hat ihn nach seiner Erinnerung an seine vermisste Tochter geschaffen.

Menschen mit einem hohen "Carma Count" genießen viele Privilegien

In der fiktiven, aber gar nicht so fern wirkenden Welt von Hyperland leben Menschen in einer schrillen Zukunft, in der der "Carma Count" eines jeden Menschen mess- und sichtbar ist. Menschen mit einem hohen "Carma Count" genießen viel Aufmerksamkeit, höheren Einfluss und haben Zugang zu besseren Orten. Schnell kommen aber Schattenseiten ans Licht, als sich Cee (Lorna Ishema) nach einer versuchten Vergewaltigung an die Öffentlichkeit wendet und nicht die Reaktion bekommt, die sie sich erhofft hatte. In der visionär wie komplex gestalteten Erzählung entsteht ein Krieg mit Schmutzkampagnen, sozialen Bots und rücksichtslosen Videobloggern.

Die Gesellschaftsdystopie Endjährig entwirft ein Szenario, in dem die Überalterung in Deutschland dramatisch ist. Die Rohstoffe werden knapp. Als Ausweg aus der Misere führt die Regierung die sogenannte "Endjährigkeit" ein: Eine Zwangssterbehilfe ab 80 Jahren. Die beiden Hauptfiguren sind betont sperrig angelegt, Emotionen sind allenfalls erahnbar. Und doch ist eine starke Verletzlichkeit und ein großes Konfliktpotenzial spürbar. Der Vater Milo (Peter Meinhardt), der kurz vor seinem 80. Geburtstag steht, will seinem Schicksal entfliehen, aber sein Sohn Karl (Matthias Lier) arbeitet für die Regierung. Mit wenigen Worten entwickelt der Film über eine nah an der gegenwärtigen Wirklichkeit angelegte Geschichte eine große Spannung, die erschreckend glaubwürdig erscheint.

Endjährig ist beispielhaft dafür, dass die Filme von Dystopia keinen Ausweg finden und nicht missionieren wollen, sondern den aktuellen Zustand diagnostizieren und zum Nachdenken anregen. Die Filme mögen zum Teil experimentell und kantig sein, aber sie überzeugen, weil sie aktuelle Entwicklungen zuspitzen und gängige Moralvorstellungen in Zweifel ziehen.

Vom Nachteil geboren zu sein, Montag 15. November um 0.05 Uhr im ZDF.

Hyperland, Montag, 22. November um 0.00 Uhr im ZDF.

Endjährig, Montag, 29. November um 0.00 Uhr im ZDF.

Alle Filme auch in der ZDF-Mediathek verfügbar.

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