Kolumne "Abspann":Die nächste "Zerstörung"

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Diesmal geht es um die Medien: Youtuber Rezo. (Foto: Rezo/Youtube.com)

Nach der CDU nimmt der Youtuber Rezo sich jetzt "die Presse" vor. Über die Frage, wem man wieso vertrauen kann.

Von Aurelie von Blazekovic

"Habt ihr mal 'ne Headline gesehen, bei der ihr euch dachtet: Da brauch ich gar nicht draufzuklicken, dat ist eh Quatsch?" Das fragt Rezo, einer der wichtigsten deutschen Youtuber, der neuerdings mit dem Nannen-Preis ausgezeichnet ist. Er erhielt ihn für "Die Zerstörung der CDU". Im neuen Video geht es um die Presse. Auf überzogene Überschriften, vor allem in Boulevardmedien, kommt Rezo in Minute 32 des einstündigen Videos zu sprechen, er hat es "Die Zerstörung der Presse" genannt. Da unterscheidet er sich wenig von den Kritisierten: Das Video, auf Youtube schon 1,5 Millionen Mal gesehen, hält sein Titel-Versprechen nicht. Rezo räumt damit noch in der Exposition auf: Er will gar nicht die Presse zerstören, er will eigentlich nur Missstände aufdecken. Na gut, bei der CDU war das ähnlich, und der dramaturgische Kniff "Zerstörung" ist halt sehr Youtube.

Rezo verbindet dabei mal eben Kritik an Verschwörungstheoretikern mit der an der "Presseszene". Er sucht Ursachen für mangelndes Medienvertrauen und erläutert seiner Community gute, wenn auch altbekannte Gedanken zur Verantwortung von Publizierenden. Er zeigt, wie Attila Hildmann und Ken Jebsen Unsinn von sich geben. Und auch wenn man "die etablierten Medien" nicht alle in einen Topf werfen dürfe, sieht er hier ähnliche "Techniken": nämlich, dass einige reißerisch und ohne Belege arbeiten würden. Rezo, muss man wissen, veröffentlicht unter seinen Videos lange Listen mit Quellenangaben, was für ihn absolute Richtigkeit zu garantieren scheint. Transparenz sei das Allerallerwichtigste, wiederholt er gebetsmühlenartig.

Als Beleg für die Behauptung, 34 Prozent der Texte enthielten Falschbehauptungen, führt er eine von ihm selbst durchgeführte Faktenprüfung von Artikeln über ihn an. Um darüber hinwegzusehen, dass das methodisch ganz schön fadenscheinig ist, muss man schon beide Augen zukneifen. Beispielsweise blendet er mehrere "Unwahrheiten" ein, die höchstens streitbare feuilletonistische Diagnosen sind, sprich Meinung. Wer im verlinkten Excelsheet nachsieht, wie eine Textstelle faktisch falsch sein kann, in der steht, dass Rezo sich als Jugendlicher von nebenan präsentiert, liest Rezos Entgegnung: "Nein, ich habe mich niemals als Jugendlicher dargestellt." Mit der Wahrheit und wer über sie entscheidet, ist es vielleicht doch nicht ganz so leicht; der Aufruf an Journalisten, es besser zu machen, ist natürlich dennoch und immer richtig.

© SZ vom 03.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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