Serie "Your Honor" bei Sky:Totalschaden

Serie "Your Honor" bei Sky: Der Vater (Bryan Cranston, im Hintergrund) will seinen Sohn (Hunter Doohan) schützen. Aber manche Fehler lassen sich nicht beheben.

Der Vater (Bryan Cranston, im Hintergrund) will seinen Sohn (Hunter Doohan) schützen. Aber manche Fehler lassen sich nicht beheben.

(Foto: Sky)

In "Your Honor" spielt Bryan Cranston einen Richter, dessen Sohn einen tödlichen Unfall verursacht. Die Serie knüpft an seine Rolle bei "Breaking Bad" an - und macht so viel richtig wie wenig andere Produktionen.

Von Nicolas Freund

Wer schon mal nur eine Schramme in ein Auto gefahren hat, kennt vielleicht dieses Gefühl, die Zeit zurückdrehen zu wollen, um den Fehler ungeschehen zu machen. Unfälle verursachen ja nicht nur Schäden, sie sind auch Fehler im System. Geschehen sie, muss der Schaden behoben und die Ordnung wiederhergestellt werden. Manchmal ist das aber nicht möglich.

Adam (Hunter Doohan) hatte nicht aufgepasst, kurz nicht auf die Straße geschaut, und jetzt liegt da dieser Junge in einer immer größer werdenden Blutlache. Er ist jung, noch keine zwanzig Jahre alt, so wie Adam selbst. Sein Motorrad schien wie aus dem Nichts mit Adams Auto zusammengeprallt zu sein. Wie konnte das passieren? Eine Sekunde Unachtsamkeit, und nichts ist mehr so, wie es war. Überall sind Trümmer verteilt, ein Schuh des Jungen liegt mitten auf der Straße, ein Bein steht in einem unmöglichen Winkel ab. Adam steht unter Schock, er bekommt keine Luft mehr, hat einen Asthmaanfall und kriegt beim Notruf am Handy nur ein Röcheln heraus. Dann überkommt ihn die Panik. Er steigt ins Auto und flieht.

Diese schwer zu ertragende Szene ist der Ausgangspunkt der Serie Your Honor, ein Remake der israelischen Serie Kvodo, an deren Ende das System einer ganzen Stadt ins Wanken gerät. Denn der tote Junge ist zufällig der Sohn des größten Kriminellen von New Orleans, Jimmy Baxter. Und Adam ist ausgerechnet der Sohn des örtlichen Richters Michael Desiato, gespielt von Bryan Cranston. Der kann hier fast an seine Rolle des zum Drogenboss aufsteigenden Familienvaters aus Breaking Bad anschließen: Als sein Sohn ihm den Unfall beichtet, entschließt er sich nämlich, aus Angst vor der Rache des Baxter-Clans nicht zur Polizei zu gehen, sondern die ganze Sache zu verschleiern. Auto schrubben, blutige Kleidung waschen, Beweise im Fluss versenken. Um seinen Sohn zu schützen, ist der Richter bereit, die Seiten zu wechseln.

Die Serie stellt komplizierte Fragen nach Schuld, Trauer und letztlich nach dem, was ein System, eine Gesellschaft zusammenhält

Bald sind alle großen Institutionen in den Unfall verstrickt: Denn Desiato ist beruflich und privat bestens bei Polizei und Politik vernetzt, er lässt alle Kontakte spielen, um das Auto loszuwerden und seinem Sohn ein Alibi zu verschaffen. Das Netz aus Lügen wird enger und komplizierter, immer mehr Freunde und Familienmitglieder werden in den Strudel hineingezogen. Alles vor dem Hintergrund des institutionellen Rassismus der Südstaaten: Schnell wird dem schwarzen Jugendlichen Kofi Jones (Lamar Johnson), der eigentlich das Auto verschwinden lassen sollte, auch die Schuld an dem Unfall gegeben. Erleichterung für den weißen Richter und seinen Sohn? Nein, denn die Anwältin des Unschuldigen ist ausgerechnet Desiatos Protegé und Lebensgefährtin.

Solche etwas überstrapazierten Zufälle sind der einzige Schwachpunkt der Serie: Die Inszenierung ist dramatisch, gibt den Figuren aber viel Raum für die schwierigen emotionalen Situationen, in die sie ständig gebracht werden. Cranston, Johnson und Doohan spielen diese Konflikte so gut, dass es, wie bei der Unfallszene, manchmal schwer ist, ihnen dabei zuzusehen. Schnitte sind nicht nur einfach Szenenwechsel, sondern stellen immer wieder neue Verbindungen zwischen den Figuren her und unterstreichen das komplizierte und zugleich unsichere Gefüge zwischen ihnen. Nur wenige Serien trauen sich, mit so einer Bildsprache zu erzählen.

Your Honor genügt sich deshalb nicht mit der Ausstaffierung eines tragischen Ereignisses. Die Serie stellt komplizierte Fragen nach Schuld, Trauer und letztlich nach dem, was ein System, eine Gesellschaft zusammenhält: Sind es nur die Institutionen und die Ämter oder sind es doch die verschiedenen Beziehungen zu Freunden, Verwandten und vielleicht auch Feinden? Wozu verpflichten sie - und wozu nicht? Your Honor macht es sich und dem Zuschauer nicht leicht. Und macht genau deshalb so viel richtig.

Your Honor, ab 18. Januar wöchentlich neue Folgen bei Sky.

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