"Wir sind Helden" wirbt nicht für "Bild":Danke für die Aufregung

Wie Judith Holofernes mal so richtig böse auf "Bild" war - und wie sich "Bild" über die Empörung der Sängerin von "Wir sind Helden" freute.

Marc Felix Serrao

Judith Holofernes wurde an diesem Freitag zur "Gewinnerin des Tages" der Bild-Zeitung. Nur inoffiziell und vermutlich auch gegen ihren sehr guten Willen, aber trotzdem. Die Sängerin der gesellschafts- und konsumkritischen Berliner Band Wir sind Helden ("Zu deinen Füßen red' ich mich um Kopf und Kragen") hat ein Schreiben von sich an die Werbeagentur Jung von Matt ins Netz gestellt.

Darin erklärt sie wortreich, warum sie es ablehnt, sich an einer Kampagne der Firma für das Boulevardblatt aus dem Springer-Verlag zu beteiligen. "Liebe Werbeagentur Jung von Matt, bzgl. Eurer Anfrage, ob wir bei der aktuellen Bild-Kampagne mitmachen wollen: Ich glaub, es hackt": So beginnt der Text der 34-Jährigen.

Es folgen viele Zeilen, in denen sich Holofernes abwechselnd die Bild-Zeitung ("ein bösartiges Wesen") und die Werbeagentur vornimmt. Tenor: Wie könnt ihr es wagen, eine Band wie uns für ein Blatt wie dieses anzufragen? Bild, so Holofernes, sei anders als von vielen der prominenten Werbepartner insinuiert, "kein harmloses 'Guilty Pleasure' für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifestyle-Zitat". Sondern, kurzum: furchtbar.

Der Brief machte rasch die Runde und bescherte der Band bald Server-Probleme. Bis Redaktionsschluss an diesem Freitag waren unter www.wirsindhelden.de nur noch die Anfrage von Jung von Matt vom 10. Januar und die Replik der Sängerin abrufbar. Bild-Sprecher Tobias Fröhlich wollte Holofernes Kritik auf Anfrage nicht kommentieren. In der Redaktion der Zeitung, heißt es aber, sei man über das Echo "hocherfreut". So viel wie jetzt sei über die seit zwei Jahren laufende Kampagne - "Bild dir deine Meinung" - lange nicht geredet worden.

"Prominenten eine Bühne bitten"

Das stimmt. Auf unzähligen Netzseiten wurde die Kritik verlinkt und diskutiert. Bei jetzt.de, dem Jugendportal der Süddeutschen Zeitung, schrieb ein Nutzer eine fiktive Replik der Werbeagentur. Die frei erfundene Antwort auf die Antwort wurde in der allgemeinen Erregung von so vielen Leuten für voll genommen, dass die Redaktion schließlich klarstellen musste, dass nicht sie, sondern einer ihrer rund 160.000 registrierten Nutzer für den Schrieb verantwortlich war.

In der (echten) Anfrage von Jung von Matt hatte es geheißen, man wolle "Prominenten eine Bühne bieten, ihre offene, ehrliche und ungeschönte Meinung zur Bild mitzuteilen". Im Frühjahr sollten die bestehenden Motive von Veronica Ferres, Philipp Lahm, Mario Barth und anderen mit neuen Plakaten und Werbespots ergänzt werden - gerne mit Wir sind Helden. Statt eines Honorars würde Bild im Namen der Band 10.000 Euro spenden - wohin auch immer.

10.000 Euro hat in diesem Fall niemand erhalten. Dafür fiel auf zig Servern mindestens 10.000 Mal der Name einer sehr lauten Zeitung und der Name einer vermeintlich leisen Band. Man kann das subversiv und kritisch finden. Muss man aber nicht.

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