"Wetten, dass..?":Lanz sucht seinen Weg

Markus Lanz gelingt sein zweites "Wetten, dass..?". Das liegt weniger am Moderator als an den unterhaltsamen Wetten und den gut gelaunten Gästen. Wie gut Lanz für die Sendung ist, muss sich noch zeigen. Was aber schon feststeht: Thomas Gottschalk fehlt nicht.

Marko Langer

Dies ist nicht die Show von Markus Lanz. Noch nicht. In fünf oder sechs Ausgaben mag es anders aussehen. Wichtiger aber ist: Das muss kein Problem sein. Denn Wetten, dass..? ist als Live-Ereignis so stark, dass der Erfolg nicht allein vom Moderator abhängt. In Bremen zum Beispiel sind es die blendend aufgelegten Weltstars Tom Hanks und Halle Berry, ein wunderbarer Oliver Welke und gute Wettkandidaten, die den Samstagabend zu einem geglückten TV-Abend machen.

Schon der Auftakt war überraschend und gelungen. Denn den Anfang macht nicht Lanz, sondern Robbie Williams mit dem Song, den er jüngst auch der Queen zum Geburtstag gewidmet hatte: "Let me entertain you." Und hier sei nun der "Host", der Gastgeber, übergibt Williams an Lanz. Der macht dann aus seiner Nervosität keinen Hehl: "Sie müssen jetzt aufhören, ich bin so ein emotionaler Typ, gleich fang ich an zu flennen", ruft der Moderator dem applaudierenden Bremer Publikum zu.

Ganz großer Beifall auch, als Markus Lanz Cindy aus Marzahn ankündigt. Gut gepolstert im rosafarbenen Jogginganzug erscheint dann aber nicht Ilka Bessin alias Cindy, sondern - Atze Schröder. Cindy habe es im Rücken und könne erst bei der nächsten Show in Freiburg dabei sein, erfahren die Zuschauer (Bild meldet, es liege an RTL).

Gute Wetten, gute Sendung

Sie hatten sich ja einiges einfallen lassen beim ZDF, um "Europas erfolgreichste Show" nach der Ära Gottschalk weiterzuführen. Der gemeinsame Auftritt von Stars und Wettkandidaten. Die mobile Couch vor dem Publikum, die viel mehr Nähe und Live-Atmosphäre bringt als früher. Die neue Wertung, dass die Stars Geld für ihre Kandidaten zusammenspielen. Wie gut und wichtig diese Neuerungen sind, wird in Bremen deutlich, wo Markus Lanz in seiner zweiten Sendung noch nach dem Weg sucht, diesen anspruchsvollen Live-Marathon zu bestehen.

Was aber feststeht: Thomas Gottschalk fehlte der Sendung nicht. Lanz muss ihn als Moderator nicht kopieren, muss nicht zum originellen Entertainer werden. Ein charmanter und aufmerksamer Gastgeber zu sein, das könnte für Lanz ein Weg sein.

Die guten Sendungen von "Wetten dass..?" sind ohnehin die Shows mit guten Wettkandidaten. Daran gemessen, war die Sendung aus Bremen eine gelungene Show. Der 13-jährige Tim Schmidt-Sibeth zieht mit einem Seil am Bauch einen Mini Cooper durchs Studio. Die Erzieherin Angela Kliebisch kann 230 Nagellacke auseinanderhalten. Mountain-Biker Tom Öhler kommt mit seinem Rad bei der - allerdings eher langweiligen - Außenwette schneller über die 400 Meter-Hürden-Strecke als der deutsche Meister Georg Fleischhauer. Der Zahnarzt Ralph Griesbach kann 50 verschiedene Bohrer unterscheiden. Kendo-Sportler Milan Zivojinovic zerhackt mit Regenschirmen 30 Melonen. Und da ist schließlich der überlegene Wettkönig, von dem später noch die Rede sein wird.

"Do we not have this clip?"

Sie alle sind ein Glück für diese Sendung, und die hochkarätigen Gäste auf der Promi-Couch sind es ebenfalls. Allerdings stellt sich hier im Verlauf des Abends gelegentlich das "Wie schade"-Gefühl ein. So erzählt Jutta Speidel auf eine Frage des Moderators die wundervolle Geschichte, wie sie beim Einkaufen in Rom per Zufall in eine Szene des "Illuminati"-Films mit Tom Hanks geriet. Nur für wenige Sekunden. Der Star aus Amerika kann selbst nicht glauben, dass die Szene nicht vorliegt: "Do we not have this clip?" Nein. Später lässt sich Robbie Williams nach Auftritt und Kurztalk auf der Couch entschuldigen, weil er zum Flieger muss. Wie schade für die Show: Im Zeitalter "nach Gottschalk" sollten sie dies den Stars nicht mehr durchgehen lassen, jedenfalls nicht bei "Wetten dass...?"

Und Lanz? Er sieht im dreiteiligen dunklen Anzug mit offenem weißen Hemd "ein bißchen wie ein schmieriger Bankier" aus, findet Tom Hanks. "Ich traue ihm nicht." Auch bei Halle Barry kann Lanz nicht landen, als er sich nach ihrer angeblichen Leidenschaft für Fleischaroma erkundigt: "Wo haben Sie das denn her?" Oliver Welke, den er als Gummistiefel-Weitwurfsportler vorstellen will, zieht schließlich das Fazit: "Du musst wirklich aufhören, das Internet zu lesen, Markus." Zuvor hatte sich der Moderator bei der "Lanz-Challenge" sackhüpfend daran gemacht, dem Bremer Saalkandidaten Niklas die in Aussicht gestellte Las Vegas-Reise wieder zu entreißen. Ein bitterer Moment, denn die Zuschauer hätten dem Zufalls-Kandidaten den Traumtrip gegönnt. Merke: Lanz ist Lanz, Lanz ist nicht Raab.

"Das hat uns keiner gesagt"

Kurz nach 22 Uhr tritt mit dem Berliner Jojo-Artisten Dennis Schleußner der spätere Wettkönig auf. Als er mit dem Jojo die Decken auf den Kaffeehaus-Tischchen der Promis wegzieht, ohne dass das Geschirr kaputt geht, hätte die Sendung fies ins Auge gehen können. Beim zweiten Versuch reißt die Nylon-Schnur, das Spielgerät fliegt an Lanz und David Garrett vorbei in die Kulissen. "Das hat uns keiner gesagt", bemerkt der Moderator erschrocken.

Und so liegen Erfolg und Misserfolg in dieser Live-Sendung dicht beieinander und sind nie wirklich zu planen. Auch das macht die Qualität von "Wetten, dass....? aus. Super-Zeitlupen dokumentieren die besonderen Momente. Regisseur Volker Weicker und seine Kamera-Kollegen sehen und zeigen auch, wenn zum Beispiel Tom Hanks und Halle Berry zwischendurch miteinander tuscheln. Oder wenn sich die Wettkandidaten Tim und Dennis im Hintergrund abklatschen. Beim Show-Act mit Ballet Revolucion hätte man allerdings gerne mehr von den Tänzern und weniger vom Lichtkonzept gesehen.

Spät, sehr spät kommt dann noch die lustige Beth Ditto. Diesmal setzt sie sich auf keinen Schoß (wie einst bei Hansi Hinterseer). Aber sie tanzt zum Schluss mit Jorge Gonzales und 100 Bremern den Gangnam Style. Der Moderator hat so seine Wette verloren und verabschiedet sich am Ende hektisch mit dem Rücken zum Publikum. Nein, es ist noch nicht die Show des Markus Lanz. Aber sie kann es werden. Dass er demnächst seinen Wetteinsatz einlösen und mit den Chippendales auftreten muss, hilft ihm dabei nicht. Aber die Zeit wird ihm helfen und vielleicht ja auch Cindy aus Marzahn.

Marko Langer ist Journalist und Gründer von LANGER+LEUTE in Köln. Mehr von ihm im Blog www.langerundleute.de.

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