Wettbewerb "TVLab" bei ZDFneo:Neue Sendungen, altes Prinzip

Der digitale Sender ZDF neo lässt die Zuschauer aus neuen Fernsehformaten selbst aussuchen. In den Wettbewerb haben es einige witzige Vorschläge geschafft - das Hauptprogramm des ZDF wird trotzdem keiner erreichen.

Hans Hoff

Das haben die Mainzelmännchen nicht verdient, dass sie sich von einem hergelaufenen Kaninchen als Arschlöcher titulieren lassen müssen.

Zwergen-Ausstellung in Bonn

Den Mainzelmännchen macht so schnell keiner Konkurrenz. Die Devise lautet: erstmal abwarten - im Bild die Figuren in einer Ausstellung 2005 in Bonn.

(Foto: dpa/dpaweb)

Selbst wenn man in Betracht zieht, dass es sich bei dem Kaninchen immerhin um Bernie von Flausch handelt (einst Werbestar in den Super-Flausch-Spots und nun nicht mehr gefragt), ist der Umgang mit den ZDF-Ikonen doch als höchst lästerlich zu bewerten. Die Mainzelmännchen als Arschlöcher? Dass so etwas möglich ist in Mainz. Es ist möglich, und möglich gemacht hat es auch der Mann, der noch Programmdirektor ist und demnächst Intendant sein wird: Thomas Bellut.

Als ausdrücklicher Unterstützer bekennt er sich. Eigens für die Vorstellung des Projekts, bei dem die Mainzelmännchen derart despektierlich in die Mangel genommen werden, ist er sogar von Mainz nach Köln gereist. "Ich möchte zeigen, dass mir Neo wichtig ist, und das wird auch so bleiben", sagt er gleich zu Beginn der Vorstellung und meint damit natürlich den digitalen Ableger ZDF neo, der momentan gerade mal auf einen Marktanteil von 0,3 Prozent kommt.

Damit sich das ändert, will ZDF neo auf sich aufmerksam machen und präsentiert von 27. August an eine Woche lang neue Formate, von denen es eines ins Hauptprogramm schaffen wird. TVLab - Schau doch, was du willst! heißt das Projekt, bei dem aus 91 Vorschlägen von 20 angefragten Produzenten zehn Sendungen ausgewählt und hergestellt wurden. Die stellen sich nun, präsentiert von dem derzeit überall im jungen Fernsehen unvermeidlichen Moderationspärchen Joko und Klaas, den Neo-Zuschauern, die sich via Internet auch als Juroren betätigen können.

Am 3. September steht dann jenes Programm fest, von dem es demnächst mehr zu sehen gibt. Die restlichen neun Bewerbersendungen sind danach noch sechs Monate ans ZDF gebunden. Sechs Monate, in denen sich die Mainzer entscheiden können, ob sie nicht vielleicht doch mehr als nur ein Format mit einem Programmplatz adeln möchten. Danach können die mit 50 Prozent an den Herstellungskosten beteiligten Produzenten ihre Erfindungen auf dem freien Markt anbieten.

Von diesem Verfahren ist Programmdirektor Bellut derart angetan, dass er es im kommenden Jahr unbedingt auch im Hauptprogramm ausprobieren möchte, um Nachschub für den Sendeplatz um 19.25 Uhr zu finden. "Ich suche dringend im Bereich Humor und Fiction eine Antwort auf internationale Formate", sagt er und nennt recht unbescheiden als Referenzgröße den Sitcom-Hit Two And A Half Men.

Bokelberg, Kuttner & Co.

Solche Sprüche im ZDF? Schwer vorstellbar, aber wer selbst die Mainzelmännchen zum Abschuss durch Kaninchen freigibt, hat wohl Großes vor. Das böse Kaninchen ist Teil der Sitcom Ausgekuschelt! Die Puppen WG, in der vier abgeranzte Ex-Promis von einer neuen Chance im Scheinwerferlicht träumen. Neben Bernie von Flausch sind da noch Pit, der Panda, der einst als süßestes Tierbaby Medienkarriere machte, nun aber ausgewachsen und damit uninteressant ist. Ali Gator wurde berühmt als rülpsendes Krokodil, dann aber als Internetbetrüger überführt.

Und die Vogeldame Tippsi Tapps war einst gefeierter Star im westdeutschen Kinderfernsehen, bis die Wende kam und sie durch eine Ost-Tippsi ersetzt wurde. Im Trailer lässt sich das sehr witzig und kurzweilig an. Ob es auch auf der vergleichsweise langen 30-Minuten-Strecke Spannung hält, wird sich am Sonntag, 28. August, zeigen. TV Lab-Juroren können den Beitrag schon von 27. August an sehen. Wie alle anderen Filme auch, die für Zuschauer, die sich registrieren, schon vom Start an online bereit stehen.

Auch eine echte Fiction-Serie hat es ins TV Lab-Finale geschafft. In Scharfe Hunde spielt Thomas Heinze einen ausgemusterten Krimistar ohne Beschäftigungschance, der aus Verzweiflung tatsächlich echte Fälle lösen will und dafür die Dienste eines gleichfalls freigesetzten und von Matthias Matschke gespielten Drehbuchautors in Anspruch nimmt. Das Ergebnis ist eine Krimi-Comedy und die teuerste unter allen Einreichungen. Aus genau diesem Grund weigert sich ZDF-neo-Chef Norbert Himmler auch, dem Format die Daumen zu drücken. Müsste er die Serie nämlich verwirklichen, würde ihm ein ordentlicher Batzen aus seinem 30 Millionen-Etat gerissen.

Die anderen acht Formate kreisen um die billiger herzustellenden Genres Magazin, Reportage, Datingshow und Straßencomedy. Es gibt ein Wiedersehen mit dem zu Hochzeiten des Musiksenders Viva bekannten Nils Bokelberg, der einem Filmmagazin vorsteht, und mit Sarah Kuttner, die sich um das Lebensgefühl der 20- bis 40-Jährigen kümmern will.

Bei Bullshit sind Guerilla-Reporter auf Passantenjagd, unter anderem der aus der Heute Show bekannte Außenberichterstatter Lutz van der Horst. Thomas Bellut ist auf jeden Fall schwer angetan vom Angebot, auch wenn er es bislang für wenig wahrscheinlich hält, dass es eines der auf jung getrimmten Formate bis ins nicht ganz so jugendlich orientierte ZDF-Hauptprogramm schaffen könnte. "Die Brücke zu schlagen, wird schwierig", sagt er, hält aber vor allem die in den Magazinen präsentierten Einfälle für durchaus des Kopierens durch hauseigene Magazinformate wert. "Wenn ein Teil der Ideen dort auftauchte, wäre ich schon glücklich", sagt er. Den Magazinmachern wird es in den Ohren klingen. Wenigstens dann, wenn sie nicht irgendwann zum Mainzelmännchen gemacht werden wollen.

TV LabZDF neo, Start mit German Angst und Wie geil ist das denn, am 27. August, 22.30 Uhr.

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