Vierte Staffel von "Westworld":Herrin der Fliegen

Vierte Staffel von "Westworld": Wer ist wer bei "Westworld": Ist Christina (Evan Rachel Wood, r.) Dolores? Die vierte Staffel ist voll von Doppelgängern.

Wer ist wer bei "Westworld": Ist Christina (Evan Rachel Wood, r.) Dolores? Die vierte Staffel ist voll von Doppelgängern.

(Foto: John Johnson/HBO)

Die neue Staffel von "Westworld" erzählt, was passiert, wenn die Künstliche Intelligenz die Macht übernommen hat.

Von Kathleen Hildebrand

Was werden sie mit uns machen, die Künstlichen Intelligenzen, wenn sie die Weltherrschaft errungen haben? Werden sie die Menschen zur Energiegewinnung melken wie in den "Matrix"-Filmen? Klingt nicht besonders effizient. Unterhalten sich Siri und Alexa nur noch untereinander und lassen uns links liegen wie am Ende der traurigen Liebes-Science-Fiction "Her"? Wäre konsequent - aber langweilig als Serienplot.

Wer auch nur die beeindruckende Pilotfolge damals, 2016, von Westworld gesehen hat, wird sich vorstellen können, dass die Showrunner Jonathan Nolan und Lisa Joy sich etwas sehr, sehr Elaboriertes als Szenario dafür ausgedacht haben. Dieser Serie zu folgen, war nie einfach, selbst am Anfang, als die Welt von Westworld noch beschränkt war auf den brutalen Western-Vergnügungspark für Superreiche und die "Hosts" genannten künstlichen Menschen erst noch zum vollen Bewusstsein ihrer selbst erwachen mussten. Allen voran Dolores (Evan Rachel Wood), die sanfte Farmerstochter.

Mit jeder Staffel hat Westworld diese philosophischen Versuchsanordnung erweitert. Vom bildlichen in den sinnbildlichen Westen sozusagen, ins Unbekannte. Die Roboter haben sich befreit, kamen in die "echte" Welt der Menschen. Dann, in der dritten Staffel, war es Dolores, die die Menschen von einer gigantischen Algorithmenschleuder befreite, die deren Leben bestimmte. Einen echten freien Willen, das war schon damals die Aussage, hatten auch die organischen Intelligenzen nicht.

Zur großen Freiheit hat der Sturz des autokratischen Superrechners allerdings nicht geführt. Ex-Soldat Caleb (Aaron Paul aus Breaking Bad), der den Robotern in der dritten Staffel half, arbeitet in einem drögen Bauarbeiterjob, hat aber immerhin eine nette Familie gegründet. Als die plötzlich bedroht wird, muss er wieder ran, zurück in den Krieg. Diesmal bedrohen die Roboter einander. Die einen, darunter die coole frühere Roboterpuffmutter Maeve, wollen die Menschen in Ruhe lassen, so lange man sie selbst in Ruhe lässt.

Die Rache für den Missbrauch der Vergnügungspark-Roboter ist alttestamentarisch

Die anderen wollen Rache. Sie werden angeführt von Charlotte, die schon als Mensch die kälteste Seite des digitalen Großkapitalismus verkörperte. Seit Staffel drei ist ihr Körper synthetisch, ihr Geist eine noch erbarmungslosere Version vom Geist von Dolores (ja, es ist wirklich so kompliziert). Dolores wiederum heißt jetzt Christina, arbeitet als Computerspielautorin in New York City und scheint nichts mehr von Westworld und ihrem Kampf dagegen zu wissen. Zusammen mit dem schwarzen Cowboy William (Ed Harris) unterwirft Charlotte nun jedenfalls nach und nach die Mächtigen der Welt. Für die breite Masse hat sie auch Pläne: eine Pandemie, verbreitet von Fliegen und tausend Mal fieser als jede Corona-Mutation.

Ihre Rache für den Missbrauch der Vergnügungspark-Roboter ist geradezu alttestamentarisch. Bis man als Zuschauer aber versteht, wie weit sie damit schon gekommen ist, und worin genau der Überlebenskampf der Menschen in dieser Staffel bestehen wird, gehen nur leider geschlagene vier Folgen ins Land. Folgen, in denen man - und das ist neu in dieser Serie - immer wieder die Lust an der nächsten und übernächsten Windung des altbekannten Westworld-Labyrinths zu verlieren droht. Trotzdem: Wer es bis dorthin schafft, will dann schon auch genau wissen, wie es weitergeht. Und ob er am Ausgang vielleicht doch noch wartet: der wirklich freie Wille.

Westworld, neue Folgen immer mittwochs auf Sky

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