Weltwoche gegen Schriftstellerin:"Neuer Stürmer"

Ärger ohne Ende: "Die Roma kommen", hat die Schweizer Weltwoche auf ihrem Cover angekündigt - und sich damit mehrere Anzeigen wegen Volksverhetzung eingehandelt. Nun dreht ihr Chefredakteur den Spieß um.

Cathrin Kahlweit

Das Cover der Schweizer Weltwoche, das einen Roma-Jungen mit gezückter Pistole zeigt, hat schon einige Furore gemacht und dem Verlag mehrere Anzeigen wegen Volksverhetzung eingebracht. Nun gibt es einen neuen Rechtsstreit - allerdings mit umgekehrter Stoßrichtung.

Cover der Weltwoche zu Roma.
(Foto: Weltwoche)

Vergangene Woche war die populistische Wochenzeitschrift mit einer Titelgeschichte erschienen, die unter der Überschrift "Die Roma kommen - Raubzüge in die Schweiz" berichtete, wie kriminelle Familienclans in der Schweiz agieren. Weil die Aufmachung suggeriere, alle Roma seien Diebe, hatten mehrere Leser Anzeige erstattet. Und weil das Foto nicht in der Schweiz gemacht wurde, sondern auf einer Müllkippe im Kosovo, hat sich mittlerweile auch die Foto-Agentur Laif zu rechtlichen Schritten entschlossen.

Dann verkündete der Zentralrat der Sinti und Roma, man werde die Familie, deren Kind fotografiert worden war, suchen und unterstützen, denn hier handele es sich offenkundig eben nicht um einen Roma-Jungen auf Raubzug in der Schweiz, sondern um ein Kind aus ärmsten Verhältnissen im Kosovo.

Nun aber hat der Chefredakteur der Weltwoche, Roger Köppel, kurzerhand den Spieß umgedreht. Die Schweizer Schriftstellerin Sibylle Berg, die regelmäßig und gern twittert, hatte der Weltöffentlichkeit am 6. April kurz und knapp mitgeteilt: "titelblatt auf dem neuen stürmer. weltwoche.ch" und sich damit eine scharfe Reaktion eingehandelt.

Köppel schreibt der "lieben Sibylle", sie habe sich damit strafbar gemacht, dass sie die Weltwoche als "neuen Stürmer" bezeichnet habe. Sie habe zu unterlassen, seine Zeitschrift in "irgendeinen Zusammenhang mit dieser antisemitischen, ehemaligen Wochenzeitung zu bringen". Er werde, so Köppel weiter, ihre "groteske Äußerung" als einmalige Entgleisung betrachten - wenn sie beiliegende Unterlassungserklärung unterzeichne.

Sibylle Berg mochte nicht; sie schaltete einen Anwalt ein. Medienanwalt Christian Schertz teilte Köppel mit, dass die "Titelgestaltung" von seinem Blatt "im Nahbereich der Volksverhetzung" liege und seine Mandantin sich nicht den Mund verbieten lasse. Es dürfte dies nicht der letzte Ärger sein, den die Weltwoche mit ihrem aggressiv aufgemachten Roma-Titel hat.

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