Süddeutsche Zeitung

Außerordentliche Sitzung des WDR-Rundfunkrats:Wie viel Kultur darf's sein?

Warum der WDR-Rundfunkrat am Dienstag in einer Sondersitzung tagt.

Von Stefan Fischer

Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang: Am kommenden Dienstag tritt der Rundfunkrat des WDR zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Beantragt haben dieses dreistündige Sondertreffen mehr als ein Drittel seiner 60 Mitglieder. Bei der Zusammenkunft des kompletten Plenums soll sehr öffentlich über den Programmauftrag des WDR diskutiert werden und darüber, wie die größte der ARD-Landesrundfunkanstalten diesen künftig zu erfüllen gedenkt.

Ausgangspunkt dieser Initiative von Teilen des Rundfunkrats sind Debatten, die Anfang des Jahres losgetreten worden sind und die bis heute andauern: über den Kulturauftrag und den Kulturbegriff der Öffentlich-Rechtlichen und speziell des WDR. Änderungen im Radioprogramm von WDR 3 sowie Gastbeiträge und Interviews des Intendanten Tom Buhrow und der für NRW, Wissen und Kultur verantwortlichen Programmdirektorin Valerie Weber in der Presse hatten teilweise für Irritation und Protest gesorgt.

Jörg Schönenborn, Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung, wird sich am Dienstag erklären

Der Rundfunkrat hat daraufhin strategische Berichte der Geschäftsleitung erbeten zur Zukunft des WDR. Weber und Buhrow haben ihre Pläne dem Aufsichtsgremium im März beziehungsweise im Mai dargelegt. Jörg Schönenborn, Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung, wird sich am Dienstag in der außerordentlichen Sitzung erklären. Es ist eine Diskussion, die längst nicht mehr bloß um das Verhältnis des WDR zu Kunst und Kultur kreist. Es geht ganz grundlegend um die Gestaltung des Programmauftrags.

Die Initiatoren der Sondersitzung bezwecken, dass über diese zentrale Zukunftsfrage nicht lediglich in den Fachausschüssen des Rundfunkrats, sondern im Plenum debattiert wird. Hintergrund ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk und damit auch der WDR vor einschneidenden Veränderungen stehen. Die Finanzierung muss nach dem politischen Dissens über die Beitragserhöhung neu festgelegt werden. Überdies verhandelt die Rundfunkkommission der Länder derzeit über einen Medienstaatsvertrag, in dem Auftrag und Struktur der Öffentlich-Rechtlichen neu geregelt werden.

Die Sender sollen mehr Flexibilität und Eigenständigkeit in ihren Entscheidungen erhalten

Noch herrscht in vielen Fragen Uneinigkeit zwischen den Bundesländern. Doch es zeichnet sich ab, dass die Sender mehr Flexibilität und Eigenständigkeit erhalten sollen in ihren Entscheidungen, wie sie den Auftrag am besten erfüllen in einer Zeit, in der sich die Verbreitungswege und Nutzergewohnheiten stark verändern. Sprich: Welche linearen Programme und welche digitalen Plattformen sie künftig betreiben wollen.

Die Sondersitzung am Dienstag soll der Beginn einer Debatte über die zukünftige Gestalt des WDR sein, die in dem Gremium und im Sender geführt wird. Klärungsbedarf sehen die Initiatoren der Aussprache beispielsweise bei der von Tom Buhrow proklamierten Online-first-Strategie, schließlich nutze die Mehrheit des Publikums die Programme nach wie vor linear. Außerdem müsse geredet werden über Programmkooperationen mit anderen Sendern, über die regionale Berichterstattung und den finanziellen Beitrag, den der WDR für das gemeinschaftliche TV-Programm Das Erste leistet. Auch der Kulturauftrag wird Thema der Sondersitzung sein und der zuletzt immer weiter ausgelegte Kulturbegriff des WDR.

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