Medienkolumne "Unser Beitrag":"Ain't No Sunshine (When She's Gone)"

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In der Wahlnacht bei Bayern 1 zu hören: Bill Withers. (Foto: Fin Costello/Redferns)

Wie Bayern 1 seinem Radiopublikum den Soundtrack des Wahlabends lieferte.

Von Stefan Fischer

Eine journalistische Grundtugend ist die Trennung von Nachricht und Kommentar. Bayern 1, der meistgehörte Radiosender im Freistaat, hat diesem Gebot am Wahlabend auf besonders subtile und süffisante Weise gehorcht. Die Prognosen und Hochrechnungen, die Interviews mit Politikerinnen und Politikern, die Gespräche mit den hauseigenen Experten und Korrespondentinnen: seriös, informativ, in keiner Weise tendenziös. Und dort, wo es (noch) keine Fakten gab, wurde nicht spekuliert.

Aber Bayern 1 spielt ja auch die Musik. Die Wahllokale waren kaum geschlossen, da sang Bill Withers der scheidenden Kanzlerin: "Ain't No Sunshine (When She's Gone)". In München, von wo aus Bayern 1 sendet, setzte an diesem Abend Regen ein, Mike Oldfield röhrte "Shadow On The Wall". Welche Schatten sah man heraufziehen beim BR, dem man gerne Unionsnähe unterstellt, angesichts der ersten ARD-Prognose, die ein herber Dämpfer für Armin Laschets Ambitionen war?

Nach Auftritten von Scholz und Laschet war dann Zeit für "Männer" und "The Wild Boys"

Die Musik sollte aber keineswegs eine politische Befindlichkeit bei Bayern 1 ausdrücken. Sie kommentierte vielmehr Stimmungen in den Parteien und im Wahlvolk, unterlief Stellungnahmen, erzählte ihre eigene Geschichte dieser Wahlnacht. "No Easy Way Out" sang Robert Tepper, als klar war, dass Unionspolitiker nur schwer durch diesen Abend kommen würden. Dann pfiffen die Scorpions vom "Wind Of Change".

Auftritt Scholz: Der nächste Kanzler heiße Olaf Scholz. Auftritt Laschet: Er werde die nächste Bundesregierung führen. Auftritt Söder: Rot-Rot-Grün habe eine krachende Abfuhr erlitten. Alphamännersätze. Der Sound dazu: die Gladiatorenhymne "Conquest of Paradise" von Vangelis, Herbert Grönemeyers "Männer", "The Wild Boys" von Duran Duran.

Als die Niederlage von CDU und CSU nicht mehr wegzudiskutieren war, schallte es in deren Richtung: "Reif für die Insel" und, tröstend, "You'll Never Walk Alone". Und als im Fernsehen die Berliner Runde längst beendet war und auch bei Anne Will alle alles gesagt hatten, brachte George Michael die Sache in viereinhalb Minuten auf den Punkt: "Cowboys And Angels".

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