Währungsdebatte bei "Hart aber fair":D-Mark, meine Liebe

Zwei Zweifler, ein Konflikt: Bei Frank Plasberg treffen die beiden Rettungsschirm-Gegner Wolfgang Bosbach von der CDU und AfD-Mitbegründer Bernd Lucke aufeinander und reden. Nein, nicht über den Euro, sondern über ihre Gefühle. Das ist für alle Beteiligten zuweilen unangenehm.

Eine TV-Kritik von Hannah Beitzer

Da sitzt er also, der etwas zu vollmundig angekündigte "Revolutionsführer". Kein wütender alter Mann, sondern eher so ein mittelalter und allenfalls mittelwütender: Bernd Lucke, 50 Jahre, ehemaliges CDU-Mitglied, Wirtschaftsprofessor und Mitbegründer der Alternative für Deutschland - jener Partei, die - so heißt es in der Ankündigung zu Frank Plasbergs "Hart aber fair" - den Euro abwählen und zurück zur D-Mark will.

Die meisten seiner Kontrahenten sind da natürlich anderer Meinung. Zum Beispiel Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt, die mantraartig wiederholt: "Wir brauchen nicht weniger Europa, sondern ein besseres." Oder Moderator und Publizist Michel Friedman. Der sagt: "Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte. Der Euro ist ein Friedensprojekt." Ohne den Euro, so behauptet er kühn, hätte eine Krise wie die derzeitige nicht bloß zu einem Währungskrieg, sondern zu einem echten Krieg geführt. Und auch der FDP-Politiker Christian Lindner schlägt sich auf die Seite der Europa-Euphoriker.

So weit, so einfach. Es ist also durchaus geschickt von Gastgeber Plasberg, sich auf den interessantesten Konflikt des Abends einzuschießen: Neben Bernd Lucke sitzt nämlich auch noch der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach, der zuletzt gegen das Euro-Rettungspaket seiner Partei stimmte. Mit dem AfD-Mitbegründer will er aber trotzdem nicht wirklich was zu tun haben, auch wenn er, und darin liegt die Krux für den braven Konservativen, mit ihm in einigen Dingen einer Meinung ist.

Die Plasberg-Redaktion verkuppelt den CDU-Mann und den AfD-Gründer in einem Akt boshafter journalistischer Finesse in einem herzblattartigen Zwiegespräch, dessen faktischer Informationsgehalt zwar gegen null geht, Lucke jedoch ausführlich die Gelegenheit gibt, um Bosbach zu buhlen. Von einer "tragischen Figur" ist da die Rede, mehrfach sieht der Professor den Abgeordneten so mitleidig an, dass der Zuschauer fast erwartet, er würde ihn gleich streicheln. Bosbach hingegen wirkt mehr als einmal peinlich berührt. Kleine Kostprobe?

"Kennen Sie sich eigentlich persönlich?" leitet Plasberg den Dialog ein. "Nein, nur über ein Skype-Gespräch", erklärt Lucke - und macht deutlich, dass man zwar auf verschiedenen Seiten, aber für dieselbe Sache kämpfe. Wie sie beide sich angesichts des Euro-Rettungskurses der Kanzlerin fühlten, will der Moderator weiter wissen.

"Ich bin kein Rebell"

"Ich fühlte mich von meiner Partei verlassen", proklamiert das ehemalige CDU-Mitglied Lucke denn auch erwartungsgemäß und berichtet mit glänzenden Augen von seinem Entschluss, die CDU zu verlassen, die Alternative für Deutschland zu gründen und diesem ganz phantastischen Gefühl, in der AfD endlich Gleichgesinnte, eine politische Heimat gefunden zu haben. Für Bosbach, der ja immer noch in der CDU ist und für diese Partei auch noch im Bundestag sitzt, ist das alles natürlich gar nicht so einfach und publikumstauglich zu beschreiben.

"Diese Heimat haben Sie nicht", bescheinigt Plasberg dem innerparteilichen Euro-Rebellen denn auch prompt und zeigt ein Bild her, auf dem sich Unionsabgeordnete nach einer Euro-Abstimmung um Angela Merkel scharen. "Wie fühlt man sich, wenn man in der Familie draußen steht?" will der Moderator wissen - und fragt Bosbach auch, warum er nicht die Partei wechsele.

"Ich bin kein Rebell", entgegnet dieser matt. Und: "Es gibt unterschiedliche Auffassungen in der CDU, das muss man auch austragen." Er wirkt ziemlich erleichtert, als sein Duz-Freund Christian Lindner die Aufmerksamkeit mit einem scharfen "Ich will die Werbeveranstaltung nicht unterbrechen" wieder von der Zweierkonstellation Bosbach/Lucke weglenkt.

Und jetzt geht es doch noch mal volle Breitseite gegen den AfD-Sprecher: Erst wärmt die Plasberg-Redaktion mit mäßigem Erfolg die olle Kamelle von Gerhard Schröders Professorenschelte aus dem Wahlkampf 2005 wieder auf. Damals hatte der SPD-Kanzler ziemlich erfolgreich den Steuerexperten Paul Kirchof, den seine damalige Kontrahentin Angela Merkel gerne als Finanzminister gehabt hätte, ins Lächerliche gezogen. Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber versuchte vor kurzem Ähnliches mit Lucke, allerdings weniger erfolgreich, weswegen der AfD-Mitbegründer auch bei Plasberg nur mit den Schultern zuckt.

Besser gelingt da der nächste Seitenhieb der Plasberg-Redaktion. Sie übermittelt eine Botschaft der NPD, deren Pressesprecher die Alternative für Deutschland in einem verwackelten Video als "Türöffner" bezeichnet. "Die AfD kann genau die Thesen, die die NPD schon sei Jahren propagiert, salonfähig machen", heißt es dort begeistert.

Das ist natürlich harter Tobak und schmeckt dem um Seriösität und Unaufgeregtheit bemühten Lucke gar nicht. Er läuft rot an und will von Plasberg wissen, wie er dazu komme, der NPD hier so eine Plattform zu bieten - und, so sagt er es nicht, aber man kann es seinem Gesichtsausdruck entnehmen, seiner Partei auch noch auf so eine hinterfotzige Art Nähe zu rechts zu unterstellen. Plasberg kontert: Man sei der Information verpflichtet - und es sei doch durchaus wissenswert, wenn eine neue Partei Anklang im rechten Lager finde. Ein Vorwurf übrigens, der der Alternative für Deutschland nicht zum ersten Mal gemacht wird.

Im Internet-Forum zur Sendung scheint das vergiftete Lob der NPD für die AfD jedoch wenig an der Begeisterung für Lucke zu ändern. "Das übliche Geschwafel der Etablierten", schreibt ein Zuschauer, "Es wird Zeit, diese angeblichen Volksvertreter abzuwählen, Wahrheit und Glaubwürdigkeit Platz zu machen." Ein anderer befindet: "Plasberg war nicht objektiv. Die AfD hat trotzdem gewonnen." Und allzu oft heißt es einfach nur: "Ich will die D-Mark zurück."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: